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Angelika Beer
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Handelsblatt: Europäische Union schmiedet Koalition gegen Iran

20.10.2005

Die Europäische Union verliert die Geduld mit Iran. Mit Rückendeckung der USA schmieden die EU 3 (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) eine internationale Koalition, um das Regime in Teheran zur Aufgabe seines umstrittenen Atomprogramms zu bewegen.

BRÜSSEL. Dies erfuhr das Handelsblatt aus Brüsseler EU-Kreisen. Es gehe darum, bisher iranfreundliche Staaten wie Russland oder Südafrika auf die europäische Seite zu ziehen und den konservativen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu isolieren, hieß es in Brüssel.
Die USA und die EU verdächtigen Iran, unter dem Deckmantel seines zivilen Nuklearprogramms Atomwaffen entwickeln zu wollen. Europäer und Amerikaner scheiterten bisher aber mit dem Versuch, das Land international bloßzustellen. Bei der letzten Sitzung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA im September war eine Überweisung des Falls an den Uno-Sicherheitsrat nicht zu Stande gekommen. Doch hatten 22 von 35 Ratsmitgliedern für eine EU-Resolution gestimmt, in der Iran Verstöße gegen den Atomwaffensperrvertrag vorgeworfen werden. Diese Koalition wollen die Europäer nun ausbauen.

Gestern trafen sich EU-Diplomaten mit Vertretern der USA und Russlands in Paris, um Moskau von der Unterstützung Irans abzubringen. Russland versorgt das Land mit Nukleartechnologie und lehnt Sanktionen bisher strikt ab. Da die Russen über ein Vetorecht im Weltsicherheitsrat verfügen, kommt ihnen im Atomstreit entscheidende Bedeutung zu. Auch Südafrika, Indien und Brasilien sollen mit ins europäische Boot, hieß es in Brüssel. Diese Staaten verfolgen jedoch selbst zivile Atomprogramme und fürchten einen Präzedenzfall Iran.

Sollte die Koalition zu Stande kommen, wäre Iran bei der nächsten Sitzung des IAEA-Gouverneursrates Ende November isoliert. Das Gremium dürfte den Streitfall dann an den Weltsicherheitsrat überweisen, der Sanktionen gegen das Land verhängen kann. Die USA fordern bereits seit Monaten, den Sicherheitsrat anzurufen. Auch die EU war auf diese Linie eingeschwenkt. Dagegen hält Russland seinen Widerstand aufrecht. 癸Iran muss wissen, dass die Völkergemeinschaft zusammensteht 竿 sonst macht es weiter, was es will科, sagte der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok. Sollte es gelingen, Russland auf die EU-Seite zu ziehen, könnte auch die Vetomacht China ihre Haltung ändern, so der CDU-Politiker. Beide Länder ließen sich wahrscheinlich 癸bei ihren wirtschaftlichen Interessen packen科, vermutet Brok.

Wesentlich skeptischer zeigt sich die Iran-Expertin der Grünen im Europaparlament, Angelika Beer: Es wäre ein 癸massiver Fehler科, Iran international zu isolieren. Dadurch würden die konservativen Kräfte um Präsident Ahmadinedschad gestärkt und die Chancen auf eine Verhandlungslösung geschmälert. Außerdem gebe es für Sanktionen keine Rechtsgrundlage, sagte Beer.
In den letzten Tagen hatte sich eine leichte Entspannung im Atomstreit abgezeichnet. IAEA-Chef Mohammed El Baradei sagte, die EU und Iran könnten möglicherweise bald wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. Die Gespräche waren im August unterbrochen worden, nachdem Iran die umstrittene Uranverarbeitung wieder aufgenommen und ein EU-Verhandlungsangebot abgelehnt hatte.

Auch die Europäische Union schließt eine Wiederaufnahme der Gespräche nicht aus. Ohne eine diplomatische Drohkulisse mit einer breiten internationalen Koalition werde sich aber nichts bewegen, heißt es in Brüssel. Zunächst müsse Teheran die Uranverarbeitung dauerhaft aussetzen und die Atomanlage in Isfahan schließen, sagten EU-Diplomaten. Erst danach könne man an den Verhandlungstisch zurückkehren. Aus Teheran kommen widersprüchliche Signale. Während Ahmadinedschad der EU drohte, sprachen sich andere Politiker öffentlich für neue Verhandlungen mit den Europäern aus.

Katz-und-Maus-Spiel zwischen Brüssel und Teheran

Juni 2003: Die EU bricht Verhandlungen über ein Handels- und Kooperationsabkommen ab, weil Iran in der Nahostpolitik und bei den Menschenrechten nicht ausreichend kooperiert.
Oktober 2003: 癸Teheraner Erklärung科 legt den Grundstein für Atomgespräche mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien (EU 3).

November 2004: Iran setzt die Atomanreicherung auf 癸freiwilliger Basis科 aus. Kurz danach einigt sich die Regierung in Teheran mit der EU 3 auf Verhandlungen, die neben dem Atomprogramm auch den Handel und politische Kooperation betreffen.

August 2005: Iran nimmt die Uranumwandlung in Isfahan wieder auf und weist ein Kooperationsabkommen mit der EU zurück. Die EU bricht die Atomgespräche ab.
September 2005: Der IAEA-Gouverneursrat stellt Verstöße Irans gegen den Atomwaffensperrvertrag fest. Die Resolution wird mit 22 Stimmen angenommen. Russland, China und zehn weitere Staaten enthalten sich, Venezuela stimmt dagegen.

Eric Bonse / Handelsblatt

 

© 2004 - Angelika Beer, MdEP.
Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
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Entschließung des Europäischen Parlaments zum Iran - 13.10.2005
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Die Plenumsdebatte zum Iran
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