Direkt zur Navigation

Angelika Beer
MdEP

Sie sind hier: angelika-beer.de | Themen | Europˆ§ische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

zurück zu: Europˆ§ische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Sieben Vorschlˆ§ge für eine Grüne Sicherheitsstrategie

31.10.2005

Für eine Europˆ§ische Sicherheitspolitik aus einem Guss

Angelika Beer

English Abstract:
In addressing the task of building peace, an ‘integrated European security policy’ is the most appropriate instrument. In future, all the foreign and security policy tools available – from humanitarian aid to development policy, from foreign trade policy to international finance policy, from diplomacy to disarmament, arms export, non-proliferation, sanctions and arms control policies, up to and including civilian and military crisis management – must be linked and integrated. Only by making coordinated, targeted and efficient use of the most appropriate policy tools is there any prospect of achieving the objective, namely to combat the causes of war and crises promptly and effectively. You will find an English version of our paper on www.angelika-beer.de soon.


Nur sieben Jahre nachdem im Herbst 1998 die Entwicklung der Europˆ§ischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) begann, gleicht die ESVP einer weithin sichtbaren Groˆübaustelle. Erste Gebˆ§udeteile sind fertig gestellt und werden bereits genutzt. Arbeiter aus 24 der mittlerweile 25 Mitgliedstaaten der EU werkeln mit Unterstützung von Gastarbeitern aus manch befreundeter Nation daran, weitere Gebˆ§ude bezugsfertig zu machen. Etliche neue Rohbauten wachsen in den Himmel. In unregelmˆ§ˆüiger Folge werden Grundsteine für weitere Bauten gelegt. ˆúberall sind Architekten dabei zu beobachten, wie sie immer noch neue Plˆ§ne für Erweiterungs- und Verbindungsbauten entwerfen oder Detailzeichnungen bereits geplanter Gebˆ§ude verˆ§ndern. Noch erschlieˆüt sich dem unbedarften Betrachter das groˆüe Ganze, das Gebˆ§udeensemble, nicht auf den ersten Blick. Und so mancher, der schon die ersten Modellentwürfe besichtigt hatte, fragt sich, ob er angesichts der vielen Neu- und Umplanungen eigentlich noch einen Gesamtüberblick hat.

Trotz allem: Die ESVP wird Schritt für Schritt zu einem immer wichtigeren Bezugsrahmen für die Sicherheitspolitik der Mitgliedsstaaten der EU. Mittlerweile kann die EU bereits auf zwei kleinere, abgeschlossene militˆ§rische Friedensmissionen im Kongo und in Mazedonien und auf die laufende erste grˆˆüere, Althea in Bosnien-Herzegowina, schauen. Die EU führt zwei Polizeimissionen, eine Rechtshilfemission und eine Beobachtermission durch. Eine weitere Polizeimission ist in Planung. Sie verfügt über einen Militˆ§rausschuss, einen Militˆ§rstab, eine Verteidigungsagentur und eine Solidaritˆ§tsklausel für den Fall terroristischer Angriffe. Sie hat sich gemeinsame Planungsziele für den Aufbau ziviler und militˆ§rischer Krisenmanagementkapazitˆ§ten gesetzt, deren erste Teile bereits umgesetzt wurden und die um anspruchsvollere erweitert wurden. Die EU hat eine Sicherheitsstrategie entworfen und entwickelt in etlichen Bereichen, so zum Beispiel bei der Proliferationsverhinderung und bei der Terrorismusbekˆ§mpfung, gemeinsame auˆüen- und sicherheitspolitische Politiken.

Europa ist ein weltpolitischer Akteur. Europa muss sich dieser Verantwortung stellen. Der ESVP-Prozess verdeutlicht, dass Sicherheitspolitik künftig in wachsendem Maˆüe nicht mehr national, sondern in multinationaler Kooperation oder gar supranational gestaltet werden wird. Die EU wird künftig ¬Ñaus einer Hand¬ì eine Vielzahl auˆüen- und sicherheitspolitischer Wirkungsinstrumente einsetzen kˆnnen, mit denen sie Konfliktursachen bekˆ§mpfen, gewaltsamen Konflikten vorbeugen und gewalttˆ§tige Konflikte einhegen, eindˆ§mmen, beenden und viele Konflikte vielleicht auch ohne Gewalt lˆsen kann. Es gilt sie wirksam, effizient und im Rahmen einer klugen Friedens- und Sicherheitspolitik einzusetzen, einer Politik, die nicht den Krieg, sondern den Frieden vorbereitet.
¬ÑEuropˆ§ische Sicherheitspolitik aus einem Guss¬ì

Voraussetzung dafür ist, dass die EU Friedenspolitik als ressortübergreifende Querschnittsaufgabe betrachtet. Das setzt voraus, dass Europa sich zu einem globalen Akteur entwickelt, der die Gestaltung von Weltordnung kooperativ und mit dem Ziel der Gestaltung von Friedensordnungen betreibt. Im Kern lautet die Aufgabe, Sicherheit neu und erweitert zu definieren und neue Strategien zu entwerfen, mit denen Sicherheit und Frieden gewˆ§hrleistet werden kˆnnen. Für die Aufgabe, Friedensordnungen zu gestalten, ist eine ¬ÑEuropˆ§ische Sicherheitspolitik aus einem Guss¬ì am besten geeignet. Zu einer solchen Politik müssen in der Zukunft alle Gestaltungsmittel der Auˆüen- und Sicherheitspolitik, von der humanitˆ§ren Hilfe über die Entwicklungspolitik, die Auˆüenwirtschafts- bis zur internationalen Finanzpolitik, von der Diplomatie über Abrüstung und Rüstungskontrolle, den Rüstungsexport, die Nichtverbreitungspolitik, Sanktionspolitiken und Rüstungskontrollpolitik bis hin zu den Mitteln des zivilen und militˆ§rischen Krisenmanagements verzahnt und integriert werden. Nur ein koordinierter, zielgerichteter und effizienter Einsatz der jeweils am besten geeigneten Gestaltungsmittel verspricht Erfolg, wenn es darum geht, die Krieg und Krisen fˆrdernden Faktoren gleichzeitig und wirksam zu bekˆ§mpfen. Das heiˆüt aber auch: Sicherheit kann im 21. Jahrhundert weder national gewˆ§hrleistet werden noch lˆ§nger vorrangig mit militˆ§rischen Mitteln geschaffen werden. Sicherheitspolitik setzt einen erweiterten Sicherheitsbegriff voraus, einen Sicherheitsbegriff, der alle Dimensionen menschlicher Sicherheit umfasst.

Das wohl grˆˆüte Problem der Europˆ§ischen Union und ihrer Mitgliedstaaten auf diesem Wege besteht darin, dass die weitere Integration unter dem Vorzeichen einer weitgehend intergouvernemental organisierten sicherheitspolitischen Zusammenarbeit nur langsamer, unvollstˆ§ndig und mit gewissen Reibungsverlusten gelingen kann. Trotzdem ist aber davon auszugehen, dass diese Form der Zusammenarbeit in der nahen Zukunft die dominante bleiben wird. Die Harmonisierung hat vorlˆ§ufig Vorrang vor der Vergemeinschaftung. Auch mit ihr kˆnnen weitere Fortschritte erzielt werden. Gerade deshalb aber ist es besonders wichtig, bei der weiteren Ausgestaltung der ESVP die langfristige Perspektive, das in den Europˆ§ischen Vertrˆ§gen und im Verfassungsvertrag benannte Ziel einer gemeinsamen Europˆ§ischen Verteidigungspolitik und eine vergemeinschaftete Auˆüen- und Sicherheitspolitik, nicht aus den Augen zu verlieren. Nationalen Blockaden, wie derzeit beim China-Waffenembargo oder bei der Wehrpflicht, muss daher dringend entgegen gewirkt werden. Stattdessen müssen die Weichen für eine weitere Harmonisierung gestellt werden.

1. Frühwarnung als Voraussetzung für Prˆ§vention

Ein frühzeitiges, proaktives Krisenmanagement kann nur erfolgreich sein, wenn potentielle Krisen früh- und rechtzeitig identifiziert werden und damit nichtmilitˆ§rische Krisenmanagementkapazitˆ§ten ihre Wirksamkeit entfalten kˆnnen. Eine solche Politik impliziert die Bereitschaft zum politischen "Agenda-Setting" ¬ñ auch auf globaler Ebene und in den internationalen Institutionen.

Wenn in der Europˆ§ischen Sicherheitspolitik der Zukunft die Krisen- und Gewaltprˆ§vention Vorrang vor der Konflikt- und Gewalteindˆ§mmung haben soll, so erfordert dies exzellente Fˆ§higkeiten zu einer Konfliktfrühwarnung. Denn nur die rechtzeitige Kenntnis potentiell drohender gewaltfˆrmiger Konflikte und ihrer Ursachenstruktur ermˆglichen rechtzeitige und effiziente ¬Ñzivile Interventionen¬ì.
Quellen besser nutzen

Eine gute Konfliktfrühwarnung kann aus vielen Quellen gespeist werden. Sie kann nur erfolgreich sein, wenn sie die Rahmenbedingungen schafft, damit diese Quellen auch sprudeln kˆnnen. Dafür ist ein weitgehendes Umdenken erforderlich. Es setzt auf staatlicher Seite den politischen Willen voraus, an einer strategischen Neuausrichtung der Informationsgewinnung und ¬ñ analyse zu arbeiten. Dabei müssen vor allem drei Grenzen überschritten werden. Es gilt

¬ï erstens in bisher nicht gekanntem Maˆüe Informationen über die Grenzen zwischen Zivilgesellschaft und Staat auszutauschen.

¬ï zweitens Informationen über die Grenzen zwischen den Staaten Europas auszutauschen und

¬ï drittens zur Stˆ§rkung eines effizienten Multilateralismus beizutragen, indem zusˆ§tzlich auch Informationen mit den Vereinten Nationen, ihren Regionalorganisationen und anderen multilateralen Institutionen ausgetauscht werden.

Dies mag zunˆ§chst sehr anspruchsvoll erscheinen, da alle drei Grenzen traditionell von Seiten des Nationalstaates und seiner Bürokratien mˆglichst undurchlˆ§ssig gestaltet werden. Es ist aber eine zwingende Voraussetzung für eine substantiell verbesserte und effiziente Konfliktfrühwarnung, die ihrerseits wiederum erst die Mˆglichkeit zu einer effizienten Konfliktprˆ§vention erˆffnet.

Hier sei nur ein Beispiel stellvertretend für andere ausgeführt: Wissenschaftler, Mitarbeiter von ˆrtlich tˆ§tigen Nichtregierungsorganisationen, Entwicklungshelfer oder auch Journalisten und ˆrtliche Mitarbeiter europˆ§ischer Firmen - all diese Akteure generieren nutzbares Wissen, das viel besser und intensiver für die Konfliktfrühwarnung genutzt werden kann, als dies heute geschieht. Das gleiche gilt auch für das Wissen von diplomatischen Vertretungen oder Mitarbeitern aus der staatlichen und privaten Entwicklungszusammenarbeit. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen Wege entwickeln, dieses umfˆ§ngliche und oft sehr aktuelle Wissen auf der analytischen Ebene zu integrieren und auszutauschen. Dann erˆffnen sie sich Mˆglichkeiten, deutlich prˆ§zisere Lagebilder und -einschˆ§tzungen zu entwickeln, die für die Konfliktprˆ§vention genutzt werden kˆnnen. Voraussetzung dafür aber ist, dass die Grenzen zwischen dem Wissen staatlicher Stellen und dem zivilgesellschaftlichen Wissen durchlˆ§ssig gemacht werden. Nur dann ist mit einer ausreichend breiten Beteiligung aus der Zivilgesellschaft zu rechnen.

Frühwarnung neu organisieren

Der bereits vereinbarte Austausch der für die Konfliktprˆ§vention relevanten Informationen zwischen der EU und den Vereinten Nationen, ihren Unter- und Regionalorganisationen sowie anderer geeigneter Partner auf Initiative der EU in einem gemeinsamen Projekt muss weiter systematisiert werden, und es müssen geeignete Wege gesucht werden, wie diese Informationen ˆffentlich für alle Beteiligten bereitgestellt werden kˆnnen. Die Vereinten Nationen haben bereits erste Informationsbˆrsen dieser Art geschaffen. Die ˆñffentlichkeit der Informationen ist geboten, um eine breite Beteiligung aus der Zivilgesellschaft zu ermˆglichen. Sie hat zudem den Charme, die Beteiligung der Zivilgesellschaften aus Lˆ§ndern zu ermˆglichen, die selbst an einem solchen Informationssystem nicht teilnehmen wollen.

2. Für eine umfassende Politik der Nichtweiterverbreitung, Rüstungskontrolle und Abrüstung

Als konsequente Umsetzung der Europˆ§ischen Sicherheitsstrategie (ESS) müssen Rüstungskontrolle, Nichtweiterverbreitung und Abrüstung als wesentliche Instrumente der Konfliktprˆ§vention verstanden werden. Europas Strategie zur Bekˆ§mpfung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen, aber auch viele rüstungskontrollpolitische Initiativen der EU in vielen Bereichen vom Kleinwaffenhandel bis zur Verhinderung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen belegen, dass diese Aufgabe seitens der EU im Grundsatz erkannt und angenommen wurde. Die Europˆ§ische Union muss ihr Potential nutzen, um Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung in dieser Funktionalitˆ§t weiter zu stˆ§rken.

Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtweiterverbreitung vor Neuordnung

Die Politikbereiche der Rüstungskontrolle und der Nichtverbreitung stehen vor einem substantiellen Umbruch. Beide wurden als Instrumente zwischenstaatlicher, rechtlicher Verregelung geschaffen. Dies schrˆ§nkt ihre Wirkmˆglichkeit gegenüber nicht-staatlichen Akteuren ein, denen aber ihrerseits eine wachsende Bedeutung in der Sicherheitspolitik zukommt.

Die nukleare Bedrohung ist nicht gebannt. Die diesjˆ§hrige ˆúberprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages (NPT) ist gescheitert. Umso wichtiger sind neue multilaterale Ansˆ§tze zum Durchbrechen der drohenden nuklearen Rüstungsspirale. Alle De-Facto-Atommˆ§chte müssen das Abkommen unterzeichnen, das Zusatzprotokoll zur ˆúberprüfung der Einhaltung muss für alle Unterzeichner verbindlich werden und auch die zivile Nutzung von Nukleartechnik muss eingeschrˆ§nkt werden.

Als erster und wegweisender Schritt zur nuklearen Abrüstung muss deswegen der Abzug der in Europa stationierten 480 US-Atomsprengkˆpfe erfolgen und damit die nukleare Teilhabe beendet werden. Darüber hinaus gilt es zu verhindern, dass die USA neue Atomwaffen entwickeln. Die Entwicklung der so genannten "Mini-Nukes" würde gegen das Nichtverbreitungsregime verstoˆüen und alle Abrüstungsbemühungen konterkarieren.

Der Europˆ§ische Ansatz im Atomstreit mit dem Iran

Das intensivierte Engagement der EU zur Stˆ§rkung der Nichtweiterverbreitung kommt auch im Atomstreit mit dem Iran zum Ausdruck: Die ¬ÑEU-3¬ì Deutschland, Frankreich und Groˆübritannien versuchen den Iran dazu zu bewegen, seine Plˆ§ne für einen nuklearen Brennstoffkreislauf endgültig aufzugeben und insbesondere alle Aktivitˆ§ten, die im Zusammenhang mit der Urananreicherung stehen, verifizierbar einzustellen. Da der Iran zu einem solchen unilateralen Verzicht rechtlich nicht verpflichtet ist, werden ihm parallel Kompensationen für einen Verzicht offeriert.
Dieser schwierige Verhandlungsprozess zwischen EU und Iran macht die grundsˆ§tzlichen Unterschiede von ESS und NSS deutlich: Die Europˆ§ische Sicherheitsstrategie verfolgt eine friedliche Strategie zur Verhinderung der Proliferation. Die Nationale Sicherheitsstrategie der Bush Administration setzt letztlich auf Prˆ§ventivschlˆ§ge. Um ein Desaster im Mittleren und Nahen Osten zu verhindern, gibt es zu den Verhandlungen der EU keine Alternative.

Die Notwendigkeit eines strategischen Gesamtkonzeptes

Die begonnene, sinnvolle Arbeit muss weitergeführt werden. Ihre Einzelelemente sollten in ein strategisches Gesamtkonzept überführt werden, dessen Aufgabe es zugleich ist, zu einer weltweiten Neu- und Wiederbelebung rüstungskontrollpolitischer und abrüstungspolitischer Verhandlungen zu kommen. Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung kˆnnen auch dann praktiziert werden, wenn sich einzelne wichtige Staaten zunˆ§chst noch nicht beteiligen. Dies zeigen so unterschiedliche Beispiele wie der NPT und der Ottawa-Vertrag.

Die EU muss in den kommenden Jahren ein strategisches Gesamtkonzept zur Abrüstung und Nichtweiterverbreitung entwickeln, das diesem Ziel dient und von der EU international befˆrdert wird. In ein solches Konzept kˆnnten verschiedene Elemente eingehen. Dazu gehˆren insbesondere eine Verbreiterung bzw. Universalisierung der Gültigkeit bestehender Abkommen, ein integriertes Konzept technischer und finanzieller Abrüstungs- und Nichtverbreitungshilfen sowie Vorschlˆ§ge für neue Vereinbarungen etwa im Bereich der Weltraumbewaffnung und der kleinen und leichten Waffen.
Nichtstaatliche Akteure einbinden.

Angesichts der zunehmenden Bedeutung von nicht-staatlichen Akteuren in Sicherheitsfragen bedarf es dringend einer Konzeption für ein effizientes Einwirken auf diese Akteure mittels Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung. Solange eine solche Konzeption noch nicht vorliegt kˆnnen die rüstungskontrollpolitischen und Nichtverbreitungsziele europˆ§ischer Politik auch durch eine gezielte Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen gefˆrdert werden. Ein Beispiel stellt ¬ÑGeneva Call¬ì dar, ein Zusammenschluss, in dem sich nichtstaatliche Gewaltakteure dazu verpflichtet haben, das Ottawa-Abkommen über Landminen einzuhalten, diese Einhaltung durch einen Verifikationsmechanismus überprüfen zu lassen und ggf. bei Verletzungen auch Sanktionen hinzunehmen. ˆúber eine Erweiterung von Geneva Call kˆnnte z.B. auch eine verifizierbare Einhaltung der Regeln des humanitˆ§ren Kriegsvˆlkerrechtes durch erste nichtstaatliche Akteure initiiert werden.

3. Sicherheitspolitik weiter denken - am Beispiel Energiepolitik

Beitrˆ§ge zur Sicherheitspolitik, vor allem zur Konfliktprˆ§vention, müssen künftig auch aus Politikfeldern kommen, die bislang nicht unter dem Gesichtspunkt ihrer sicherheitspolitischen Implikationen diskutiert wurden. Das zeigt das Beispiel der Energiepolitik. Zwar wird oft über potentielle Gefˆ§hrdungen unserer Energieversorgung diskutiert - manchmal flieˆüen auch Argumente über die Notwendigkeit, Fragwürdigkeit oder die Kosten einer notfalls militˆ§rischen Absicherung der Energieversorgung in die Debatte ein. ˆÑuˆüerst selten aber wird das folgende, gewichtige Argument angeführt: Innovativ ausgerichtete Investitionen in eine neue Energie- und Energiesicherheitspolitik kˆnnen Investitionen in die Sicherheit Europas sein, weil sie die Abhˆ§ngigkeit Europas von ˆñl- und Gasimporten verringern. Sie kˆnnen wesentlich zur Konfliktprˆ§vention beitragen, weil sie die Konkurrenz um die knapper werdenden fossilen Rohstoffe reduzieren, und sogar effizienter sein, als es vergleichbare Investitionen in neue militˆ§rische Fˆ§higkeiten wˆ§ren.

Weg von ˆñl und Gas

Schon heute ist die gesicherte Zufuhr von Energieressourcen nach Europa lebenswichtig. Erdˆl und Gas kommen dabei eine immer grˆˆüere Bedeutung zu. Beide werden überwiegend aus potentiellen Krisenregionen importiert. Wirkliche Alternativen gibt es nicht. Unkalkulierbare Preisentwicklungen, Unterbrechungen des Nachschubs oder gar lˆ§ngere Lieferausfˆ§lle sind nur einige der Risiken. Lange Transportwege und Transportsysteme, die gute Ziele für asymmetrische Drohungen (Piraterie, Terrorismus zur See etc) darstellen, verschˆ§rfen die Problematik. Angesichts des wachsenden Welt-Energiebedarfs wird die Nachfrage nach den endlichen Ressourcen ˆñl und Gas weiter steigen und sich damit die Konflikte um eine gesicherte Versorgung verschˆ§rfen.

Angesichts dieser Situation ist die Verringerung der Abhˆ§ngigkeit von ˆñl und Gas durch eine gezielte Fˆrderung regenerativer Energien und dezentraler Energieversorgungssysteme eine ˆ§uˆüerst bedeutsame Investition in die Sicherheit der europˆ§ischen Staaten und ihrer Gesellschaften. Die Idee einer konzertierten Arbeit für eine energie- und sicherheitspolitische ¬ÑAgenda for Change¬ì bietet eine exzellente Mˆglichkeit, die Tragweite und den Charakter einer ¬ÑEuropˆ§ischen Sicherheitspolitik aus einem Guss¬ì an diesem Beispiel zu thematisieren und zu verdeutlichen. Als Ergebnis wˆ§re eine Europˆ§ische Energiesicherheitsstrategie, verkoppelt mit konkreten Aktionsplˆ§nen denkbar, mit der die Europˆ§ische Union eine Konflikten vorbeugende und der eigenen Sicherheit dienliche neue Energiepolitik festschreibt.

4. Das zivile Krisenmanagement stˆ§rken

Das zivile Krisenmanagement der EU ist und bleibt das Standbein der Europˆ§ischen Auˆüen- und Sicherheitspolitik. Dies wird nicht zuletzt in der ESS immer wieder deutlich. Das zivile Konfliktmanagement kann zu allen Dimensionen der Schaffung von Friedensordnungen beitragen und bei guter Planung sicherstellen, dass die Prozesse des Herstellens von Sicherheit und Stabilitˆ§t, der Sicherung von Rechten und der Ermˆglichung nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung angemessen und ausgewogen Berücksichtigung finden. Es leistet die meisten wesentlichen Beitrˆ§ge, wenn es gilt, Konfliktursachen zu begegnen, Krisen vorzubeugen und Friedensordnungen aufzubauen. Zivile Krisenmanagementfˆ§higkeiten werden fast immer gefordert sein, wenn militˆ§rische Mittel zum Einsatz kommen. Militˆ§rische Mittel dagegen kˆnnen die zivilen in manchen Fˆ§llen unterstützen und ergˆ§nzen, sie kˆnnen diese aber weder ersetzen, noch ist ihr Einsatz jedes Mal vonnˆten. Deshalb kommt der Weiterentwicklung und dem Ausbau der zivilen Krisenmanagementinstrumente der Union überragende Bedeutung zu. Dem zivilen Krisenmanagement der Europˆ§ischen Union stellt sich künftig ein ˆ§uˆüerst breites Feld von Aufgaben: Von der Sicherstellung der Versorgung der Bevˆlkerung (humanitˆ§re Nothilfe), über den Wiederaufbau von Infrastrukturen sowie nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklungsmˆglichkeiten und die Aufrechterhaltung ˆffentlicher Ordnung bis hin zur Wiederherstellung einer Rechtsordnung und zum (Wieder)Aufbau staatlicher Institutionen und demokratischer Organe. Hinzu kommt das weite Feld der Konfliktprˆ§vention und der Ursachenbekˆ§mpfung.

Das Stabilitˆ§tsinstrument

Die EU verfügt bereits über ein Set an Maˆünahmen aus langfristigen Lˆ§nderprogrammen, als auch Instrumente wie Entwicklungszusammenarbeit, Auˆüenhandel, Menschenrechts- und Umweltpolitik, sowie politischer Dialog und humanitˆ§re Hilfe. Sie kˆnnen jedoch nicht alle Krisen- und Konfliktsituationen abdecken. Bisher fehlt ein Instrument, welches für Situationen zur Verfügung steht, in denen mehr geleistet werden muss als kurzfristige humanitˆ§re Hilfe und langfristige Entwicklungszusammenarbeit. Mit dem von der Kommission im September 2004 vorgeschlagenen "Stabilitˆ§tsinstrument" soll dieser Problematik begegnet werden. Auch wenn der Vorschlag insgesamt noch vage und unzureichend im Hinblick auf die Rechte des Parlamentes und die Mittelausstattung ist, sind die Ziele des neuen Instrumentes zu begrüˆüen. Das Stabilitˆ§tsinstrument mˆchte Krisenbewˆ§ltigung in Drittlˆ§ndern solange leisten, bis diese in die "normalen" Kooperationsprogramme übergeben werden kˆnnen und zudem die Zusammenarbeit bei der Bedrohung der Sicherheit auf dem Gebiet von Justiz, Verkehr, Demokratie, Gesundheit oder durch Massenvernichtungswaffen gewˆ§hrleisten. Gleichzeitig will es den ganzen Bogen von Ratifizierung, Durchführung und ˆúberwachung internationaler ˆúbereinkünfte zur Frühwarnung abdecken.

Zivile Interventionsfˆ§higkeit herstellen.

Wollen die EU und ihre Mitgliedstaaten Friedensmissionen mit dem Ziel durchführen, zu allen Dimensionen eines Friedensprozesses und damit zur Schaffung von Friedensordnungen beizutragen, dann müssen sie auch für das zivile Krisenmanagements substantielle, gut ausgebildete, prˆ§sente und rasch verfügbare also ¬Ñstehende¬ì Kapazitˆ§ten bereithalten. Die Zusammenarbeit zwischen diesen staatlich bereitgestellten zivilen Krisenmanagement-Strukturen und den militˆ§rischen Anteilen von Friedensmissionen sollte im Voraus im Rahmen der EU geplant und geübt sein, damit sie reibungslos und effizient funktioniert.

Zu den wesentlichen weiteren Schritten gehˆren:

¬ï Die Schaffung eines aus Angestellten der EU und ihrer Mitgliedstaaten bestehenden Zivilen Europˆ§ischen Friedenskorps, also einer einheitlichen, dauerhaften Struktur, die Aufbau, Bereithaltung, Ausbildung und Einsatz integrierter ziviler Krisenmanagementkrˆ§fte mit vielen unterschiedlichen Fˆ§higkeiten planen und koordinieren sowie auf bereitstehende Personalressourcen zurückgreifen kann.

¬ï Ergˆ§nzend ist ein Europˆ§isches Freiwilligenkorps sinnvoll, dessen Personal sich aus der Zivilgesellschaft und weiteren Staatsangestellten rekrutiert. Mit dem Freiwilligenkorps kˆnnen die staatlichen Personalressourcen einsatz- und aufgabenbezogen ergˆ§nzt werden.

¬ï Sinnvoll ist die Schaffung einer Europˆ§ischen Agentur für Zivile Krisenmanagementfˆ§higkeiten, die planerische und koordinatorische Aufgaben im Blick auf die technische Ausstattung und die Infrastruktur der zivilen Krisenmanagementkrˆ§fte der EU übernimmt sowie Forschung, Entwicklung und Beschaffung koordiniert und harmonisiert.

5. Das militˆ§rische Krisenmanagement harmonisieren

Europas entstehende militˆ§rische Krisenmanagementfˆ§higkeiten ergˆ§nzen das zivile auˆüen- und sicherheitspolitische Instrumentarium der EU. Sie erweitern deren Handlungsmˆglichkeiten, dürfen diese aber nicht dominieren.

Ein Weiˆübuch für Europa

Die EU wird auch künftig über Umfang, Auftrag und Ausrichtung ihrer militˆ§rischen Mittel entscheiden müssen. Gleiches gilt für die Kriterien, mittels derer sie und ihre Mitglieder festlegen, wann sie bereit sind, Streitkrˆ§fte einzusetzen und wann nicht. Vor diesem Hintergrund muss die Idee eines Weiˆübuches zur ESVP umgesetzt werden. Hierin müssen Szenarien diskutiert werden, Ziele und Herausforderungen sowie Einsatzvoraussetzungen bestimmt werden.

Kennzeichnend für das Spektrum wahrscheinlicher, militˆ§rischer Einsˆ§tze ist es, dass zielbedingt sehr unterschiedliche Fˆ§higkeiten gefordert und gefragt sein werden: Zum einen sind dies zur Deeskalation beitragende, die Lage stabilisierende militˆ§rische Fˆ§higkeiten (quasi gehobener polizeilicher Natur), zum anderen unter allen Bedingungen durchsetzungsfˆ§hige, überlegene und eskalationsfˆ§hige Wirkungskrˆ§fte. Die Planung der EU, sowohl Europˆ§ische Gefechtsverbˆ§nde (EBGs) als auch Europˆ§ische Eingreifverbˆ§nde (ERRF) aufzustellen, entspricht im Grundsatz dieser Aufteilung.
Die Fˆ§higkeiten Europas zur Stabilisierung werden hˆ§ufiger und vor allem für lˆ§ngere Dauer gefordert sein, die Fˆ§higkeiten zur Intervention etwas seltener, in kleinerem Umfang und für kürzere Dauer. Für die Mitglieder der EU und vor allem im Rahmen der EU besteht also ein vorhersehbar deutlich grˆˆüerer Bedarf an Stabilisierungskrˆ§ften als an Wirkungskrˆ§ften. Absehbar ist auch, dass zusˆ§tzlich Unterstützungskrˆ§fte verfügbar sein müssen, die Operationen jeder Art durch Aufklˆ§rung, Führung oder Logistik auch über groˆüe Entfernungen unterstützen kˆnnen.

Militˆ§rische Fˆ§higkeiten verbessern

Aus diesen Rahmenbedingungen ergeben sich erste Schlussfolgerungen:

¬ï Der bisherige Umfang der militˆ§rischen Krisenmanagementkrˆ§fte der EU ist angemessen, deren quantitativer Schwerpunkt bei den Stabilisierungskrˆ§ften ist richtig gewˆ§hlt und auch der Ansatz, Krisenmanagementoperationen vorrangig als integrierte zivil-militˆ§rische Operationen zu denken, ist zu begrüˆüen.

¬ï Das Hauptaugenmerk der Zukunft sollte vor allem auf einer Verbesserung qualitativer Merkmale liegen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die Bemühungen im Rahmen des European-Capability-Action-Plan-Prozesses die Schwachstellen sowohl der ERRF als auch der EBGs weitgehend korrekt identifiziert haben bzw. werden und deshalb die fˆ§higkeitsbezogenen Streitkrˆ§fteziele dem Bedarf entsprechen. Zweifel bestehen allerdings im Blick auf die Frage, ob Fˆ§higkeitslücken immer mit geeigneten und effizienten Mitteln geschlossen werden. Hier seien nur die Beschaffungsentscheidungen über den A400M oder MEADS genannt.

Personal, Einsatzkonzepte und Ausbildung als zentrale Herausforderungen

Weitere wesentliche qualitative Verbesserungen des militˆ§rischen Krisenmanagements der EU sind nicht primˆ§r im Bereich von Bewaffnung und Ausstattung zu suchen, sondern in den Bereichen Personal, Einsatzkonzepte und Ausbildung. Hier werden die EU-Staaten nicht umhinkommen, jenseits ihrer Bemühungen um eine gemeinsame Kultur des Krisenmanagements, die mit einem EU-Verteidigungskolleg gefˆrdert werden soll, den folgenden Aspekten besondere Aufmerksamkeit zu widmen:

¬ï Das Personal für militˆ§rische Krisenmanagementaufgaben muss in allen EU-Staaten so ausgewˆ§hlt und ausgebildet werden, dass es das Ziel der Politik der EU, Friedensordnungen zu gestalten, auch qualifiziert umsetzen kann. Gemeinsame auf dieses Ziel ausgerichtete Ausbildungsvorschriften und Ausbildungsmaˆünahmen wˆ§ren deshalb von Vorteil.

¬ï Das Konzept der Inneren Führung und des Staatsbügers in Uniform haben sich in der Bundeswehr bewˆ§hrt. Vor dem Hintergrund des militˆ§rischen Krisenmanagements gewinnen diese Konzepte neue Bedeutung und müssen an die neuen Herausforderungen angepasst werden, wenngleich sie in einem europˆ§ischen ¬Ñbest practice¬ì Wettbewerb bestehen und weiterentwickelt werden müssen.

¬ï Im Bereich der zivil-militˆ§rischen Einsatzplanung und ¬ñvorbereitung gilt es, die Eigenstˆ§ndigkeit der zivilen Akteure insbesondere von Entwicklungsorganisationen zu respektieren und ihre gewachsenen Kontakte und die langjˆ§hrigen Erfahrungen vor Ort zu berücksichtigen.

Den Rüstungsmarkt rationalisieren

Wer den Ausbau der Europˆ§ischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) einschlieˆülich ihrer militˆ§rischen Komponente bejaht, muss auch die Herausbildung europˆ§ischer rüstungswirtschaftlicher Strukturen befürworten. Dies ist nicht zuletzt eine Frage der Harmonisierung, der Interoperabilitˆ§t und der Ressourcenersparnis.

Die Herausforderung besteht darin, eine integrierte und abgestimmte Europˆ§ische Rüstungspolitik zu formulieren. Bei der Entwicklung und dem Aufbau entsprechender Strukturen sollte vor allem auf folgende Aspekte geachtet werden:

¬ï Eine Europˆ§ische Rüstungspolitik und die entsprechenden Instrumente müssen in funktionsfˆ§hige Prozesse der demokratischen Kontrolle eingebunden werden und so transparent wie mˆglich gestaltet werden.

¬ï Rüstungsindustrielle Verbˆ§nde sollten nicht, wie im Kontext der WEU einen privilegierten Zugang zu den entsprechenden Planungsausschüssen erhalten und ¬ñ noch vor den demokratisch gewˆ§hlten Abgeordneten ¬ñ zu offiziellen Partnern der Verteidigungsagentur und/oder der Kommission in Rüstungsfragen werden.

6. Sicherheitspolitische Entscheidungen besser koordinieren

Ein Manko europˆ§ischer Sicherheitspolitik besteht in der fehlenden Koordination sicherheitspolitischer Entscheidungen. Eine "Europˆ§ische Sicherheitspolitik aus einem Guss" kann nur implementiert werden, wenn Entscheidungen ressortübergreifend vorbereitet und getroffen werden. Dies gilt sowohl für die nationale, als auch für die intergouvernementale und die supranationale Ebene. Zugleich gilt es, die Entscheidungsvorbereitung und ¬ñfindung dieser drei Ebenen zu koordinieren und - soweit es geht - zu harmonisieren.

Der ¬ÑRat für Erweiterte Sicherheit¬ì

Auf nationaler Ebene wird in jedem Mitgliedstaat der EU eine exekutive sicherheitspolitische Struktur benˆtigt, die das Zusammenwirken aller Ressorts mit sicherheitspolitisch relevanten Instrumenten befˆrdert, ermˆglicht, koordiniert und entlang getroffener Entscheidungen sicherstellt. Um dem Kind einen Namen zu geben sei von einem ¬ÑRat für Erweiterte Sicherheit¬ì in jedem EU-Mitgliedsland die Rede. Seine Funktion besteht in Beitrˆ§gen zur Entscheidungsvorbereitung, der Entscheidungsumsetzung, der Ressourcenzuweisung und der Vertretung der nationalen Positionen im europˆ§ischen Kontext. Wünschenswert wˆ§re dabei insbesondere eine starke Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure.

Auf europˆ§ischer Ebene gilt es, die Entscheidungsvorbereitung, Entscheidungsfindung und Entscheidungsumsetzung hinsichtlich der sicherheitspolitischen Instrumente der Kommission besser zu verzahnen und zu integrieren. Dies dürfte durch ein Koordinationsgremium mit Fachleuten aus allen relevanten Generaldirektionen zu leisten sein, dem die Aufgabe zukˆ§me, direktionsübergreifend Entscheidungsvorlagen zu erarbeiten. Für den Rat stellt sich im Bereich der intergouvernementalen Zusammenarbeit eine vergleichbare Aufgabe. Hier bietet sich ein Koordinationsgremium an, das u.a. aus Vertretern der nationalen ¬ÑRˆ§te für erweiterte Sicherheit¬ì besteht.

Das ¬ÑGemeinsame Gremium für Erweiterte Sicherheit¬ì

Nicht zuletzt bedarf es aber auch der Harmonisierung, Koordination und Integration der Positionen und Ressourcen von Nationen, Rat, und Kommission, bevor Entscheidungen fallen. Auch hier empfiehlt sich ¬ñ angesichts der derzeit gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen ¬ñ die Form eines Koordinationsgremiums, das Entscheidungen vorbereitet. Dieses sollte als ¬ÑGemeinsames Gremium für Erweiterte Sicherheit¬ì (Arbeitstitel) die Mitglieder der Koordinationsgremien des Rates und der Kommission zusammenbringen und gemeinsame Empfehlungen für die Entscheidungen von Rat und Kommission aussprechen.

7. Transparenz und parlamentarischen Kontrolle stˆ§rken

Eine "Europˆ§ische Sicherheitspolitik aus einem Guss" bedarf einer deutlich verbesserten parlamentarischen Kontrolle und einer hˆheren Transparenz für die ˆñffentlichkeit. Je mehr und je schneller die ESVP Fortschritte macht, desto stˆ§rker wird in der europˆ§ischen ˆñffentlichkeit der Wunsch nach Transparenz, nachvollziehbarer parlamentarischer Kontrolle und ˆúberprüfbarkeit der Kosten der ESVP.

Mitentscheidung des Europˆ§ischen Parlaments

Parlamentarische Kontrolle und Transparenz müssen um substantielle Mitentscheidung erweitert werden. Mitentscheidung ist mˆglich, wenn das Parlament Mitspracherechte bei der Finanzierung der ESVP bekommt. Bei der jˆ§hrlichen Haushaltsplanung sowie der darauf folgenden Haushaltskontrolle muss die Zustimmung des Parlamentes eingeholt werden. Grundvoraussetzung hierfür ist eine Debatte über die gemeinschaftliche Finanzierung von ESVP-Teilaspekten. Die Diskussion um den ATHENA-Mechanismus wˆ§hrend der niederlˆ§ndischen Prˆ§sidentschaft muss weiter geführt werden. Wenn es gelingen würde, Teilaspekte der ESVP über Gemeinschaftsmittel zu finanzieren, dann wˆ§re ein erster und wichtiger Schritt getan.

Eine einfache und kurzfristig realisierbare Lˆsung gibt es nicht: Die machtpolitisch sorgfˆ§ltig austarierten Zustˆ§ndigkeiten der Kommission, des Rates, der Nationen, des Europaparlamentes und der nationalen Parlamente führen dazu, dass Reformvorschlˆ§ge oft vorschnell als Versuch abgetan werden, auf kaltem Wege die Machtverhˆ§ltnisse zu verˆ§ndern. Doch wer deshalb nichts tut, tut wohl auch das Falsche. Denn das Legitimationsdefizit der ESVP wˆ§chst weiter, je lˆ§nger es andauert, obwohl es dringend überwunden werden muss.

Koalition der Parlamente: ¬ÑDer Paritˆ§tische Ausschuss¬ì

Ein Weg, dieses Legitimationsdefizit zu reduzieren, besteht in einer ¬ÑAllianz der Parlamente¬ì. Vom Europˆ§ischen Parlament kann die Initiative für einen ¬ÑParitˆ§tischen Ausschuss¬ì des Europaparlamentes und der nationalen Parlamente ausgehen, der unter Wahrung bestehender Zustˆ§ndigkeiten und Rechte trotzdem schrittweise ein Mandat zur parlamentarischen Kontrolle der GASP und ESVP in allen ihren Aspekten, Initiativen und im Blick auf ihre weitere Ausgestaltung erhˆ§lt.
In diesem Ausschuss kˆ§men in einer ersten Phase gewˆ§hlte Abgeordnete aus den nationalen Parlamenten und des Europaparlamentes zusammen, um sich gemeinsam über die ihnen jeweils zustehenden Auskünfte und Informationen auszutauschen und somit allen Beteiligten einen Gesamtüberblick von Initiativen im Bereich der GASP und der ESVP zu ermˆglichen. Der gemeinsame Ausschuss kˆnnte Vertreter der Exekutiven auf nationaler, intergouvernementaler und auf Kommissionsebene hˆren. Er sollte beratend den nationalen Parlamenten und Regierungen, aber auch der Kommission und dem Europˆ§ischen Rat über die Ergebnisse seiner Arbeit berichten und Empfehlungen unterbreiten. In einer zweiten Phase sollte die Arbeit des ¬ÑParitˆ§tischen Ausschusses¬ì nach einigen Jahren auf eine rechtlich abgesicherte Basis gestellt werden, die es ihm ermˆglicht, auch verbindliche Empfehlungen und Beschlüsse zu fassen.

Wird die Arbeit des Ausschusses für die ˆñffentlichkeit in hohem Maˆüe transparent gestaltet ¬ñ z.B. durch regelmˆ§ˆüige, ˆffentlich zugˆ§ngliche Berichte über seine Arbeit und seine Empfehlungen, so kann er einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung des drohenden Legitimations- und Transparenzdefizits der GASP, der ESVP und der künftigen EVP leisten

 

© 2004 - Angelika Beer, MdEP.
Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
www.angelika-beer.de

 

TOP |


Zu diesem Artikel

Broschüre: Eine Grüne Sicherheitsstrategie
» PDF aufrufen

Die ESVP - Sachstand und Zukunftsfragen
» PDF aufrufen