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Angelika Beer
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Wer jetzt l ins Feuer giet, verliert Einfluss

29.08.08

Die Kaukasuskrise sei nicht vom Himmel gefallen, sagt EU-Grünen-Politikerin Beer in ihrem NZ-Gastkommentar und warnt vor einseitiger berreaktion: Es wäre fatal, wenn deshalb bisherige Grundsätze der internationalen Politik gebrochen werden.

EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy hat sich mit dem Anti-Kriegstag einen symbolträchtigen Tag für das EU Sondertreffen in Brüssel ausgesucht. Wird die EU als Mittlerin und Friedensmacht ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden?


Die Europäische Union wird im Kaukasuskonflikt nur dann als Akteur ernst genommen, wenn sie Montag mit einer Stimme spricht und ihre Neutralität als Mittlerin zwischen allen Konfliktpartnern zurückgewinnt. Nicht einseitige Schuldzuweisungen, sondern Eskalationskontrolle und Deeskalation sind das Gebot der Stunde.


Hierzu gehrt die umgehende Ernennung eines politischen Schwergewichts als Sonderbeauftragten für den Kaukasus. Nur so sind einseitige gegen Russland gerichtete Sanktions-Phantastereien oder Unterstellungen, Russland wolle früheren Sowjetrepubliken gewaltsam zurückerobern, zu verhindern. Wer jetzt l ins Feuer giet, verliert seinen Einfluss nicht nur in der aktuellen Krise sondern verspielt auch jeglichen politischen Einfluss bei der langfristigen Lsung anderer frozen conflicts.


Verlorenes Augenma


Dass das Vorgehen Russlands als Reaktion auf die georgische Provokation jegliche Verhältnismäigkeit vermissen lässt ist unstrittig. Aber es wäre fatal, wenn deshalb bisherige Grundsätze der internationalen Politik gebrochen werden. Allein die berlegung, Georgien zur Sicherung seiner Unabhängigkeit beschleunigt in die Nato aufzunehmen, zeugt von verlorenem Augenma.


Wir müssen daran festhalten, dass vor einer Mitgliedschaft Territorialkonflikte politisch gelst sein müssen. Sonst entstehen neue Fallstricke: Leicht knnte ein solcher Schritt manchen dazu ermutigen, Russland zu provozieren, um so den schnellen EU- und Nato-Beitritt zu erzwingen.


Internationale Untersuchungskommission


Der Sondergipfel muss die sofortige Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission fordern. Auch in diesem Krieg war die Wahrheit das erste Opfer. Die Kaukasuskrise ist nicht vom Himmel gefallen, ausländische Beobachter waren vor während und nach der Eskalation vor Ort; Satellitenbilder über jeweilige Truppenbewegungen, Anschläge etc gaben schon im Juli Aufschluss über die Zuspitzung.


Die alarmierende Rede des damaligen russischen Präsidenten Putin im Frühjahr 2007 auf der Münchener Sicherheitskonferenz mit verbalen Attacken gegen US-Raketenschirm, Ost-Erweiterung der Nato und Unabhängigkeitsbestrebungen Kosovos führten im ersten Moment zur Fassungslosigkeit und danach zu einem weiter so wie bisher.


Die Positionierung des Hohen Beauftragten der EU, Javier Solana, die Frage der Stationierung amerikanischer Abwehrsysteme in Polen und Tschechien sei nicht Angelegenheit der EU, erweist sich als folgenschwerer Fehler. Die jüngsten Vertragsunterzeichnungen zwischen USA und Polen stehen im direkten Gegensatz zu Polens jetzt erhobener Forderung, es dürfe keine bilateralen Abkommen mehr zwischen einzelnen EU Mitgliedern und Russland geben.


Frühwarnung klappt


Bereits 2006 berichteten westliche Beobachter von einer massiven Ausgabe russischer Pässe insbes. in Abchasien und Südossetien und warnten vor mglichen militärischen Interventionen Russlands unter dem Feigenblatt der Schutzverantwortung für die eigenen Staatsbürger. Die Frühwarnung klappt also.


Zu den Wahrheiten auf dem Sondergipfel gehrt auch die sofortige Offenlegung des Sechs-Punkte-Plans. Erstens, um unter anderem Spekulationen, dass es unterschiedliche Versionen gibt, auszuräumen. Vorwürfe der ethnischen Säuberung müssen ebenso unabhängig untersucht werden, wie Nutzung deutscher Schnellfeuergewehre durch georgische Sondereinheiten und Einsatz von Streubomben.


Hilfe für Menschen und Wiederaufbau


Als Krisenmanager hat die EU hinreichend Erfahrungen. Es geht um die sofortige Hilfe für die betroffenen Menschen einschlielich eines Wiederaufbauprogramms und Minenräumung.

 
Parallel dazu ist eine weitere Stärkung und Aufbau der zivilen OSZE Mission unerlässlich. Die Internationalisierung der bisherigen von russischen Soldaten gestellten Friedensmission ist unerlässlich. Hierzu gehrt UN-Verhandlungsgeschick hinter verschlossenen Türen. Eine militärische ESVP Mission der EU zur Sicherung der Grenzen Georgiens dürfte stattdessen eher Teil des Problems statt einer Lsung werden.


Die gemeinsame Europäische Auenpolitik war trotz aller Warnzeichen bisher und in der Vergangenheit aufgrund ihrer Vielstimmigkeit nicht in der Lage, eine politische Antwort zu geben. Das muss sich jetzt ändern, am 1. September, dem Anti-Kriegstag.


Angelika Beer ist Mitglied des Europäischen Parlaments und Sicherheitspolitische Sprecherin und Auenpolitische Koordinatorin der Grünen.

 Netzeitung

 

 

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Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
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