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Angelika Beer
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"Nein der Franzosen zur EU-Verfassung wäre fatal für Europa"

22.05.2005

Lübecker Nachrichten: Sie sind seit einem Jahr Europa-Abgeordnete aus Schleswig-Holstein. Verstehen sie sich im EU-Parlament als schleswig-holsteinische Abgeordnete?

Angelika Beer: Natürlich, das bin ich. Im Europaparlament spielen Parteigrenzen keine so groe Rolle. Man sucht politische Mehrheiten und kann sie auch finden, wenn man eine vernünftige Idee hat. Daher arbeite ich auch mit den Kollegen der SPD und der CDU, Willy Piecyk und Reimer Bge, zusammen, wenn es darum geht, die Interessen von Schleswig-Holstein in Brüssel und Straburg zu vertreten. Das Gleiche gilt übrigens auch für Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg.

LN: Welche sind das konkret?

Beer: Die Frage der Minderheitenpolitik, die Ostsee-Politik oder die Meerespolitik allgemein. Da arbeiten ich eng mit dem Hanse-Office in Brüssel zusammen, unserer gemeinsamen Landesvertretung von Schleswig-Holstein und Hamburg. Meerespolitik ist eine breite Querschnittsaufgabe. Das ist mehr als Umweltschutz - sie berührt viele Felder, von der Hafen- bis hin zur Wirtschafts- und Strukturpolitik.

LN: Und was tun Sie speziell für Schleswig-Holstein?

Beer: Ganz wichtig ist Bürokratieabbau, damit die kleineren und mittleren Unternehmen an den Frderprogrammen und Ausschreibungen teilnehmen knnen. Auerdem will ich erreichen, dass Schleswig-Holstein bei der Reform der EU-Strukturfrderung für 2007 bis 2013, die in Kürze beschlossen wird, nicht hinten runter fällt. Dabei ist unser Hauptanliegen, die parlamentarische Kontrolle bei der finanziellen Vorausschau, die die zur Verfügung stehenden Mittel bestimmt, zu sichern. Bisher ist die Beteiligung des Europaparlaments nicht gesichert. Wir arbeiten aber mit Einverständnis der Kommission und Akzeptanz des Rates so, als gäbe es die neue EU-Verfassung schon.

LN: Ob es die geben wird, ist ja unsicher angesichts der Stimmung in Frankreich. Gibt es im Europaparlament einen Plan, wie es nach einem Nein der Franzosen zur neuen Verfassung mit der EU weitergehen soll?

Beer: Nein, es gibt keinen B-Plan. Es wird zwar bei einigen diskutiert, ob man jene Regierungen, deren Bevlkerung Nein gesagt hat, bittet, nach einiger Zeit eine neue Volksabstimmung abzuhalten oder neue Verhandlungen über die EU-Verfassung zu beginnen. Aber das erscheint mir unrealistisch und lenkt vom Hauptproblem ab. Faktisch wird dann die Stärkung der EU ausbleiben und die Staaten müssen auf der untauglichen Basis von Nizza zurechtkommen. Das wäre fatal.

LN: Dann würde ein Scheitern der Verfassung auch die Europäische Union scheitern lassen?

Beer: Die EU würde auf jeden Fall in eine schwere Krise stürzen und die Europäische Integration um Jahre zurückwerfen. Die Mitgliedstaaten müssten dann sehen, wie sie mit den bestehenden Instrumenten weiter arbeiten. Auen wie innenpolitisch wäre die Gefahr eines Kerneuropas gro: die Groen würden bestimmen, und die Kleinen würden sich weniger integriert fühlen. Mit dem Fehlen der Werteverfassung würde die EU international eine geringere Rolle spielen, die Integration des Westbalkans wäre gefährdet und die Rolle der EU als Vermittler z.B. im drohenden Irankonflikt wäre deutlich geschwächt.

LN: Zeigt nicht die Stimmung in Frankreich, aber auch in Deutschland und anderswo in der EU, dass die Bürger Angst haben vor dem immer grer werdenden Europa? Dass die Menschen die hochfliegenden, aber durchaus vernünftigen Pläne von Kommission und EU-Parlament nicht verstehen? Was knnen die Politik in Brüssel und in den Mitgliedsländern dagegen tun?

Beer: Die Menschen in Europa haben sehr wohl verstanden, was die Union alles an Positivem für sie gebracht hat. Berechtigte Sorgen nehme ich durchaus ernst. Aber das Paradoxon derzeit ist, dass die Verfassungsgegner ihr Nein mit der Forderung nach einem sozialeren und zivileren Europa begründen, aber sich selbst die Grundlage unter den Füen wegziehen. In Frankreich ist die Lage eine andere: Die meisten Bürger wollen bei dem Referendum in Wirklichkeit nicht über die Verfassung, sondern über die Politik von Präsident Jacques Chirac und der Regierung Jospin abstimmen. Richtig ist aber auch: Es gibt zu wenig gelebte Europa-Politik. Das liegt in der Verantwortung der Parteien. Auer den Grünen, die eine europaweite Partei gegründet haben, hat keine Partei im Wahlkampf europapolitische Themen in den Mittelpunkt gestellt.

Interview: Berger/Wenzel/Wittler

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Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
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