Direkt zur Navigation

Angelika Beer
MdEP

Sie sind hier: angelika-beer.de | Themen | Krisen- und Konfliktregionen | Balkan

zurück zu: Balkan

"Kosovaren droht Entt”uschung"

17.02.2008

 

 

 

 

 

 

 

 

Heute will das Kosovo einseitig seine Unabh”ngigkeit erkl”ren. Die Balkan-Expertin und Gr¸nen-Europaabgeordnete Angelika Beer verfolgt die Geschehnisse direkt vor Ort. Alf Clasen sprach mit der Neum¸nsteranerin ¸ber die schwierige Zukuft des Zwergstaates.

Frau Beer, an diesem Sonntag wollen die Kosovaren einseitig ihre Unabh”ngigkeit erkl”ren. Ist dieser Schritt wirklich nicht mehr zu verhindern gewesen?
Die internationale Staatengemeinschaft hat viel zu lange gewartet. Die EU hat immer wieder versucht, ein Einvernehmen mit Serbien zu erzielen. Jetzt muss Belgrad die rote Karte gezeigt und endg¸ltig klar gemacht werden, dass es das Kosovo schon vor zehn Jahren verloren hat.

Das heiþt, die EU wird das Kosovo sofort als eigenst”ndigen Staat anerkennen?
Die EU-Mitglieder werden das tun. Auþer vielleicht Zypern, das sich enthalten wird. Aber es gibt kein Zur¸ck mehr.

Bef¸rchten Sie einen neuen Gewaltausbruch?
Nein. F¸r Sicherheit werden die Kfor-Soldaten sorgen, die seit Jahren eine hervorragende Arbeit leisten. Auch die neue kosovarische Regierung ist sich bewusst, dass neue Gewalt unbedingt vermieden werden muss.

Und was ist mit der serbischen Minderheit?
Ich glaube, dass die Menschen in den serbischen Enklaven mehrheitlich bleiben wollen. Die kosovarische Regierung wird diese Minderheit sch¸tzen und einbinden m¸ssen. Mitrovica ist im Grunde ohnehin schon gespalten. Die Menschen im Norden der geteilten Stadt sind nach Serbien orientiert. Da wird sich nicht viel ”ndern. Das Einzige ist, dass die Grenze gesichert werden muss, und daf¸r sorgt die Kfor.

Es gibt die Bef¸rchtung, dass sich im Gegenzug der kosovarischen Unabh”ngigkeit die serbische Republik Srpska von Bosnien-Herzegowina losl–sen k–nnte.
Ich rechne nicht damit. Auch die Menschen dort sehen ihre Zukunft in der Europ”ischen Union.

Und wie wird Moskau, das an der Seite Belgrads steht, auf die Unabh”ngigkeitserkl”rung Pristinas reagieren?
Die Russen tragen ihre Machtpolitik auch auf dem R¸cken des Balkans aus. Die j¸ngsten Ÿuþerungen des russischen Auþenministers signalisieren aber, dass man zwar gegen die Unabh”ngigkeitserkl”rung protestieren wird, dass jedoch keine gravierenden Konsequenzen zu bef¸rchten sind.

Ist denn das Kosovo, das bislang am Tropf der internationalen Staatengemeinschaft h”ngt, als eigenst”ndiges Land ¸berhaupt lebensf”hig?
Es wird bald eine Geberkonferenz geben, die Wege f¸r nachhaltige Strukturen aufzeigen soll. Die EU wird Gesch”ftsbeziehungen mit kosovarischen Betrieben unterst¸tzen. Die Arbeitslosigkeit ist zwar sehr hoch, es gibt aber bereits eine Menge kleine und mittelst”ndische Unternehmen. Aber das Ganze ist in der Tat ein sehr langwieriger Prozess. Ein groþes Problem ist, dass die neue Regierung des Kosovo der Bev–lkerung das Gef¸hl vermittelt hat: Sonntag kommt die Unabh”ngigkeit, und am Montag ist der Wirtschaftsaufschwung da. Da droht eine groþe Entt”uschung.

Welche weiteren Probleme sehen Sie im Kosovo?
Die Energieversorgung ist ein Riesenproblem. Dass beispielsweise die Serben die Stromversorgung kappen k–nnten, ist der Regierung in Pristina gar nicht richtig bewusst. Auch sieht das Kosovo in weiten Teilen aus wie eine riesige M¸llhalde. Es m¸ssen dringend dezentrale M¸llverbrennungsanlagen gebaut werden. Ein anderes Problem ist die Zusammenarbeit mit Den Haag: Die Verantwortlichen m¸ssen dazu gebracht werden, mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu kooperieren. In der neuen Regierung sitzt ein Kriegsverbrecher, der aber nicht verurteilt werden kann, weil niemand gegen ihn aussagen will. Die Menschen sind eingesch¸chtert und es gibt kein wirksames Zeugenschutzprogramm.

Wie lange werden deutsche Soldaten noch im Kosovo bleiben m¸ssen?
Unser Wunsch ist es, die Zahl der Soldaten schnellstm–glich zu reduzieren. Aber es w”re fahrl”ssig, ein Abzugsdatum zu nennen.

Wie sehen Sie die Zukunft des Kosovo?
Ich sehe die Zukunft des gesamten westlichen Balkans ñ also Kosovo, Kroatien, Bosnien, Albanien, Mazedonien und Serbien ñ in der EU.

Schleswig-Holstein am Sonntag

 

© 2004 - Angelika Beer, MdEP.
Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
www.angelika-beer.de

 

TOP |