Direkt zur Navigation

Angelika Beer
MdEP

Sie sind hier: angelika-beer.de | Themen | Krisen- und Konfliktregionen | Nahost

zurück zu: Nahost

Auszahlung der EU-Gelder an Abbas statt Zahlungsstopp

28.04.2006

Die Einstellung der EU-Finanzhilfe an die palästi- nensischen Autonomie- gebiete nach der Übernahme der Regierungs- verantwortung durch die Hamas gefährdet die staatlichen Strukturen der Autonomie- behörde und widerspricht allen europäischen Interessen. Statt überhaupt erst einmal mit der Hamas in einen Dialog zu kommen, hat die EU den Palästinensern den Geldhahn abgedreht und treibt so die palästinensische Regierung dem Iran in die Hände. Wir fordern stattdessen die sofortige Auszahlung der einbehaltenen Steuern und Zölle der palästinensischen Autonomiebehörde durch Israel. Die EU-Gelder müssen statt an die Hamas-Regierung an Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas ausgezahlt werden.

Eine friedliche Entwicklung im Nahen Osten und ein palästinensischer Staat sind ohne die Anerkennung des Existenzrechts Israels, einen Gewaltverzicht und das Bekenntnis zum bisherigen Nahostfriedensprozess nicht möglich. Das muss auch die Hamas anerkennen. In der Plenumsdebatte am 6. April hatte sich auch der EU-Außenbeauftragte, Javier Solana, entsprechend geäußert. Gleichzeitig machte er jedoch deutlich, dass die EU nicht wünsche, dass die Hamas-Regierung scheitere. Die Hamas müsse die Chance haben, sich zu verändern. ¬ÑDie Hamas kann ihre Vergangenheit nicht ändern, aber sie kann und sollte ihre Zukunft ändern¬ì, so Solana vor dem EP.

Genau das haben die EU-Außenminister aber mit ihrem Beschluss, die EU-Finanzhilfen einzufrieren, verhindert. Niemand konnte ernsthaft glauben, dass die Hamas ihre Positionen von heute auf morgen ändern würden. Die Hamas hatte sich aber immerhin seit mehr als einem Jahr an eine Waffenruhe gehalten. Hier hätten sich erste Anknüpfungspunkte für einen Dialog geboten.

Mit einer demokratisch gewählten Regierung muss ein kritischer Dialog gesucht werden. Es kann nicht sein, dass wir die staatlichen Strukturen in den palästinensischen Autonomiegebieten gefährden und damit indirekt dem gesamten palästinensischen Volk eine wichtige wirtschaftliche Grundlage entziehen, wenn uns das Wahlergebnis nicht passt. Dies kann nicht die Grundlage für eine friedliche Lösung sein. Die Palästinensischen Autonomiegebiete sind auf Hilfe von außen angewiesen. Obwohl die humanitäre Hilfe der EU nicht ausgesetzt wurde, hat sich die humanitäre Lage in den Palästinensergebieten schon jetzt verschlechtert. Wenn die westlichen Zahlungen längere Zeit ausblieben, drohten 75 Prozent der Palästinenser unter die Armutsschwelle zu rutschen, warnen die Vereinten Nationen. In einer solchen Situation müssten wir die Hoffnungen auf die moderaten Kräfte begraben.

Durch den grausamen Terroranschlag vom Ostermontag in Tel Aviv und die Reaktion des Hamas-Sprechers, der den Selbstmordanschlag als Selbstverteidigung rechtfertigte, hat sich die Hamas weiter diskreditiert.

Trotz des mörderischen Anschlags muss Israel als Besatzungsmacht sich an seine Verpflichtungen halten und die einbehaltenen Zoll- und Steuereinnahmen an die Palästinenser auszahlen. Hier handelt es sich um palästinensische Steuereinnahmen. Sie belaufen sich auf 60 Millionen Dollar monatlich. Mit dem Abdrehen des Geldhahns treibt man die Palästinenser-Regierung in die Eskalation. Das gilt für Israel ebenso wie für die USA, Japan und die EU. Es bleibt der Autonomiebehörde kaum etwas anderes übrig, als sich um neue Geldgeber zu kümmern, wenn sie ihren Verpflichtungen als Regierung nachkommen will. Sie sitzt in der Klemme. Entweder riskiert sie eine unkontrollierbare innenpolitische Lage - etwa durch bewaffnete Sicherheitskräfte, die wegen ausstehender Gehälter den Gehorsam verweigern. Oder sie setzt ab sofort auf finanzielle und politische Unterstützung durch radikal-islamische Organisationen oder Regierungen wie der in Teheran. Beides kann nicht im Interesse der EU liegen.

Die EU muss ihre Entscheidung überprüfen. Es gibt also durchaus Möglichkeiten, die Hamas unter Druck zu setzen, ohne die Existenzgrundlage für die Menschen in den Autonomiegebieten weiter zu gefährden. Wir fordern deshalb, dass die gestoppten Gelder direkt an Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas ausgezahlt werden und begrüßen die entsprechenden Bemühungen von EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Im Europäischen Parlament berichtete sie am 26. April, dass es bereits ein Treffen zwischen der EU-Kommission und Vertretern von Abbas auf der Arbeitsebene gegeben habe, um auszuloten, ob die EU-Hilfen über dessen Büro ausbezahlt werden könnten. Dies wäre eine sinnvolle Möglichkeit, den verfehlten EU-Aktionismus der letzten Wochen zu beenden. Wir hoffen, dass eine positive Beschlussfassung der EU noch vor dem Besuch von Palästinenser-Präsidenten Abbas im Mai in Straßburg getroffen werden kann.

Ob wir im Nahen und Mittleren Osten in absehbarer Zeit wieder Friedenshoffnung schöpfen können oder ob ein Flächenbrand droht, hängt von vielen Faktoren ab. Israel-Palästina ist dabei von großer Bedeutung. Klar muss aber sein, dass ein Flächenbrand unaufhaltbar sein wird, wenn die USA weiter ihren Eskalationskurs gegenüber dem Iran fortsetzen. Die aktuelle Entwicklung mit der expliziten Erwägung nuklearer Präventivschlages der USA gegen Iran erinnert auf fatale Art und Weise an die Zeit vor dem Irakkrieg. Die Weltgemeinschaft ist sich einig in dem Ziel, die iranische Atombombe zu verhindern, die zivile Nutzung kann dem Iran rechtlich aber niemand verwehren. Die USA haben jetzt den Schlüssel in der Hand. Europa muss alles tun, diesmal mit einer Stimme zu sprechen. Europa darf diesmal nicht den Fehler wiederholen, sich in der Frage von Krieg und Frieden spalten zu lassen.

Frieden im Nahen und Mittleren Osten kann es nur auf dem Wege der gegenseitigen Anerkennung, des Dialogs und der Verhandlungen geben.

 

© 2004 - Angelika Beer, MdEP.
Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
www.angelika-beer.de

 

TOP |