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Angelika Beer
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Angelika Beer zum Fall Cap Anamur: EU braucht humane Flüchtlingspolitik

26.11.2006

Morgen beginnt in Italien der Prozess gegen den ehemaligen Kapitn der Cap Anamur, den Lübecker Stefan Schmidt, sowie den Ex-Vorsitzenden der Hilfsorgani- sation Cap Anamur, Elias Bierdel. Ihnen drohen bis zu zwlf Jahre Haft.

VON RDIGERWENZEL

Ich akzeptiere nur einen Freispruch. Selbst wenn ich zu einer nur symbolischen Strafe verurteilt werden sollte, werde ich in Berufung gehen, sagt Stefan Schmidt. Ihm, Elias Bierdel und dem ersten Offizier der Cap Anamur, Vladimir Daschkewitsch, wird bandenmig betriebene illegale Einschleusung afrikanischer Flüchtlinge nach Italien vorgeworfen. Ich habe niemanden eingeschleust, ich habe Menschen aus Seenot gerettet. Dazu bin ich als deutscher Kapitn gesetzlich verpflichtet. Und ich bin verpflichtet, diese Menschen in einem sicheren Hafen zu bringen, schildert Schmidt im Gesprch mit den LN die Rechtslage aus seiner Sicht.

Es geht ab morgen vor dem Strafgericht in Agrigento auf Sizilien um die dramatischen Ereignisse im Sommer 2004, als das deutsche Hilfsschiff Cap Anamur auf einer Testfahrt im Mittelmeer 37 afrikanische Flüchtlinge in einem Schlauchboot aus Seenot gerettet und an Bord genommen hatte. Erst nach langem Hin und Her und nachdem Kapitn Schmidt angesichts der drohenden Verzweiflung unter den 37 Afrikanern den Notstand auf der Cap Anamur ausgerufen hatte, lieen die italienischen Behrden die Cap Anamur in den Hafen Porto Empedolce auf Sizilien einlaufen. Schmidt, Bierdel und Daschkewitsch wurden sofort verhaftet, die Cap Anamur beschlagnahmt und die Afrikaner abgeschoben. Für den Lübecker Kapitn steht fest: Das ist ein politischer Prozess, der da morgen in Agrigento erffnet wird - zunchst ohne ihn, nur Bierdel ist vor Gericht geladen.

Dahinter, dass es so weit gekommen ist, steckte der damalige italienische Innenminister Beppe Pisanu, vermutet er. Nicht einmal der Staatsanwalt hat etwas, was er mir vorwerfen knnte. In dieses dubiose Bild passt es für Schmidt auch, dass der Erste Offizier mit unter Anklage steht: Sonst knnten sie uns nicht wegen bandenmig betriebener Schleuserei anklagen: Zu einer Bande gehren mindestens drei Personen.

Noch heute emprt es ihn, dass der damalige Bundesinnenminister Otto Schily sich nicht für die Besatzung der Cap Anamur eingesetzt hatte. Von der neuen Bundesregierung erwartet der Lübecker jetzt alle Unterstützung, die ihm und Bierdel als deutschen Staatsbürgern bei einem Prozess im Ausland zustehen. Schmidt: Ich bin mal gespannt, ob deutsche Vertreter als Beobachter bei dem Prozess auftauchen. Groes Vertrauen in die Unterstützung durch die Bundesregierung hat er aber nicht nach den Erfahrungen in den Jahren 2004 und 2005.

Das Verfahren kann zwei bis sieben Jahre lang dauern, htten erfahrene Anwlte ihm gesagt. 60 Zeugen sind geladen. Würden sie schuldig gesprochen, drohten ihm und den beiden Mitangeklagten bis zu 12 Jahre Haft oder bis zu 500 000 Euro Strafe. Schmidt hofft auch einen fairen Prozess in Agrigento. Ich habe noch Vertrauen in die italienische Justiz. Die Strafkammer bestehe aus drei Richterinnen, und von denen ist nach Aussage der Anwlte bekannt, dass sie
sehr fair sind.

Ein Schuldspruch knne verheerende Folgen für Flüchtlinge haben, die mit ihrem Booten auf dem Meer in Seenot geraten, befürchten Schmidt und die Grünen-Europaabgeordnete Angelika Beer, die den Kapitn sowie seine beiden Mitangeklagten unterstützt. Seit dem Vorfall mit der Cap Anamur schauen viele Kapitne angestrengt weg, wenn auf See ein Boot in Sicht kommt, auf dem Flüchtlinge sein knnten. Italienische Fischer sind von der Regierung angewiesen, keine schiffbrüchigen Flüchtlinge mehr an Bord zu nehmen, sondern die Küstenwache zu verstndigen.

Beer appellierte an die Bundesregierung, sich endlich für eine solidarische Flüchtlingspolitik in Europa einzusetzen (siehe Interview). Die Haltung von Innenminister Wolfgang Schuble, diese Flüchtlingsproblematik an Südeuropas Küsten gehe uns nichts an, ist inakzeptabel, sagte die Grünen-Politikerin. Die Bundesregierung müsse sich whrend ihrer EU-Ratsprsidentschaft 2007 für eine humane europische Flüchtlingspolitik einsetzen, fordert die Grünen-Europaabgeordnete Angelika Beer.

Angelika Beer: EU braucht humane Flüchtlingspolitik

Lübecker Nachrichten: Was erwarten Sie von der Bundesregierung angesichts des Prozessauftakt gegen den Cap-Anamur-Kapitn Stefan Schmidt?

Angelika Beer: Neben der Beobachtung dieses Schauprozesses muss die Bundesregierung ihre EU-Ratsprsidentschaft nutzen, um eine humane solidarische Flüchtlingspolitik zu entwickeln, die legale Türen für die Zuwanderung nach Europa ffnet, zum Beispiel durch Einführung einer europischen Green Card.

LN: Die EU kann doch nicht alle Flüchtling aufnehmen.

Beer: Richtig. Diese Flüchtlingspolitik muss ergnzt werden mit der Hilfe für die Menschen in den rmsten Lndern, damit sie dort überleben knnen. Die EU muss aufhren, selbst zur Schlepperbandenbildung beizutragen. Es ist doch widersinnig, angesichts der Spannungen zwischen Marokko und Westsahara ein Fischereiabkommen mit Marokko zu treffen, das die Sahauris arbeitslos macht, so dass sie jetzt ihren Lebensunterhalt damit verdienen, Flüchtling zu den Kanarische Inseln zu bringen.

LN: Das hilft den Menschen nicht, die jetzt vor der Not in ihrer Heimat flüchten und dabei ihr Leben riskieren.

Beer: Deshalb müssen alle EU-Mitglieder dafür sorgen, dass Handelsschiffe Menschen in Seenot aufnehmen und im nchst gelegen Hafen absetzen knnen.

Interview: Rüdiger Wenzel / Lübecker Nachrichten

 

© 2004 - Angelika Beer, MdEP.
Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
www.angelika-beer.de

 

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