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Giftgas in Lübecker Bucht -"Schnellstmöglich bergenŽė

21.02.2008

Die Behörden haben die verschwundenen Giftgas-Flaschen in der Lübecker Bucht nun wohl doch identifiziert. Es handelt sich um Behälter, die bereits vor sieben Jahren geortet worden waren.
Von Axel Bojanowski

Die schleswig-holsteinischen Behörden wollen 15 Giftgas-Flaschen bergen, die auf dem Grund der Lübecker Bucht liegen. Kürzlich war bekannt geworden, dass die Behälter mit hochgiftigem Inhalt 1961 in der Ostsee nahe Lübeck versenkt worden waren. Obwohl Behörden die Verklappung seinerzeit genehmigt hatten, blieb eine Suchaktion des Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie BSH vergangene Woche erfolglos.
Allerdings hatte das Bundesamt nahe des Suchorts bereits vor sieben Jahren 15 Flaschen am Meeresboden geortet. Nun erklärten die Behörden, dass es sich dabei vermutlich doch um die gesuchten Giftgas-Flaschen handelt. "Die Gefäße sollen schnellstmöglich geborgen werden", sagt nun Ulrich Lorenz, Staatssekretär im Innenministerium Schleswig-Holsteins. Eine Firma solle mit der Bergung beauftragt werden.
Die Behälter waren den Behörden eigentlich bekannt. Das BSH hatte vor sieben Jahren untersucht, ob die Gefäße radioaktiv strahlen. Dass es sich jedoch um Gift handeln könnte, wurde nicht in Erwägung gezogen. "Eine Verbindung zu der Giftgas-Versenkung von 1961 wurde leider nicht hergestellt", sagt Lorenz. Die Behälter gerieten in Vergessenheit.
Es spreche jedoch "vieles dafür", dass es sich um das gesuchte Giftgas handele. Insbesondere stimme die Anzahl der Behälter überein. Warum die Gefäße nicht an der in Dokumenten verzeichneten Versenkungsstelle liegen, bleibt unklar. Bei dem Gift handelt es sich um 14 Flaschen Kampfstoff aus Chlorgas und Phosgen und eine Flasche Lachgas. Sollte ein Gefäß am Strand oder auf einem Boot Leck schlagen, könnten Menschen in der Nähe sterben, warnt der Koblenzer Meeresbiologe Stefan Nehring, der die Versenkung von 1961 öffentlich gemacht hatte.
Die Verwirrung haben sich die Behörden offenbar selbst zuzuschreiben. Ihre Informationen über giftige Altlasten im Meer sind unzureichend. Obwohl die Versenkung vor Lübeck 1961 offiziell genehmigt wurde, kann das Bundesverkehrsministerium den Fall nicht rekonstruieren. Von chemischen Kampfstoffen in der deutschen Ostsee wollten die Behörden bislang nichts wissen.
Sowohl Bundesregierung als auch die Landesregierung Schleswig-Holsteins gaben 1996 und 2001 in Erklärungen an, dass es dieses Problem nicht gebe. Auf Intervention des Bundesverkehrsministeriums wurde das Giftlager in der Lübecker Bucht im internationalen Helcom-Report nicht erwähnt, in dem die Gefährdung durch chemische Kampfmittel in der Ostsee aufgelistet ist. "Die Behörden verschließen bei diesem Thema die Augen", sagt Angelika Beer, Europa-Abgeordnete der Grünen. "Es wird beschwichtigt und Fakten werden so verdreht, dass sich die Balken biegen."

Süddeutsche Zeitung vom 21.2.2008

 

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Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
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