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Angelika Beer
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Pole folgt Deutschem

08.02.2007

Elmar Brok hat Auswärtigen Ausschuss des EU-Parlaments an Jacek Sariusz-Wolski abgegeben
Die Posten-Arithmetik der 27 Mitgliedstaaten hat den deutschen Abgeordneten Elmar Brok den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuss gekostet. Das war der Preis für die Wahl des Deutschen Hans-Gert Pöttering zum Präsidenten des Europäischen Parlaments. Die Nachfolge Elmar Broks tritt nun ein Pole an. Jacek Saryusz-Wolski heißt er. Ruth Reichstein berichtet.


Zurzeit ist Jacek Saryusz-Wolski ständig im Stress. Er tourt von einer Veranstaltung zur nächsten in Brüssel. Gestern Abend sprach er zum Beispiel über Energiesicherheit bei einer Konferenz seiner Partei, der konservativen EVP im Europäischen Parlament. Im Anschluss an seine Rede bildet sich sofort eine Traube von Abgeordneten und Lobbyisten um den Polen. Alle wollen mit ihm sprechen.

Bis vor zwei Wochen hätte an dieser Stelle vermutlich der deutsche CDU-Abgeordnete Elmar Brok gestanden. Er war nämlich der Vorgänger des Polen als Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten. Verloren hat er den Posten nicht etwa, weil er schlechte Arbeit geleistet hat. Die grüne Außenpolitikerin Angelika Beer:

"Bei diesem Geschacher, die Sozialisten haben mit den Konservativen gedealt, als das Parlament gewählt war. Das heißt: zuerst ein Sozialist als Präsident. Dann folgt Pöttering als deutscher Präsident. Aber es besteht dann natürlich das Risiko, wenn man so undemokratisch Posten verteilt, dass dann einer hinten weg fällt. Damit habe ich gerechnet, weil die deutschen können nicht alle Plätze behalten. Aber dass das dann ausgerechnet Elmar Brok trifft, das war dann schon ein Ruck durchs Europaparlament."

Jetzt ist also Jacek Saryusz-Wolski der neue Elmar Brok, weil der Posten nach der internen Verteilung bei den Konservativen eben einem Polen zustand. Er gehört der Plattform Obywatelska an, einer konservativen Oppositionspartei zu den Koalition der Kaczynski-Brüder. Saryusz-Wolski liegt also nicht auf der Anti-EU-Linie der polnischen Regierung. Trotzdem werfen ihm viele im EU-Parlament schon allein wegen seiner Nationalität vor wie die polnische Regierung gegen Europa und die EU-Verfassung zu sein. Blödsinn, sagt Saryusz-Wolski:

"All das, was man so hört, das sind Missverständnisse oder Vorurteile. 80 Prozent der Polen sind glücklich über die EU-Mitgliedschaft. 63 Prozent wollen eine EU-Verfassung, das sind mehr als in den meisten anderen EU-Staaten."

Nur kleine Veränderungen will der Pole durchsetzen, zum Beispiel eine Verankerung der christlichen Werte im Text und mehr Stimmen für Polen im Ministerrat. Dafür will er auch in seiner neuen Funktion kämpfen. Und im Gegensatz zu Elmar Brok ist die Europäische Union für Saryusz-Wolski noch lange nicht groß genug:

"Wir dürfen die Erweiterung nicht stoppen. Die Grenzen der EU sind klar definiert: Jedes europäische Land kann sich um eine Mitgliedschaft bewerben. Und europäisch sind all die Länder, die unsere Geschichte und unsere Werte teilen."

Hier ist also durchaus eine Trendwende zu erwarten, und die Ukraine oder Weißrussland haben vielleicht bessere Chancen auf eine mögliche EU-Mitgliedschaft. Aber nicht nur inhaltlich bedeutet der Personalwechsel eine Veränderung im Europäischen Parlament. Der Politikwissenschaftler Guillaume Durand vom European Policy Center in Brüssel:

"Es ist zwar nicht der wichtigste Ausschuss, aber ein sehr hoch angesehener. Deshalb ist es eine wirkliche Anerkennung für die neuen Mitgliedsstaaten und vor allem für die Polen, die nun endlich im Europäischen Parlament angekommen sind."

Und die meisten EU-Parlamentarier egal aus welcher Partei wollen dem Polen auch seine Chance geben, sich als neuer Ausschussvorsitzender zu behaupten. Die grüne EU-Abgeordnete Angelika Beer:

"Erst einmal ist ganz wichtig, dass nicht alle Polen und auch nicht alle polnischen Abgeordneten Kaczynski-Brüder oder Fans sind. Es kann ja auch sein, und das ist erst einmal meine Hoffnung, dass er als Ausschussvorsitzender die Meinung des Ausschusses vertritt, also auch in Polen oder anderen osteuropäischen Ländern, wo es eher eine Europakritik gibt, eine neue Stimme sein kann, getragen vom Europaparlament, die sich nämlich ganz klar für Europa, für die Erweiterung, für den Verfassungsvertrag positioniert. Wenn er das macht, dann hat er eine angenehme Amtszeit vor sich."

DEUTSCHLANDFUNK

 

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Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
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