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Angelika Beer
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Portrait: "Für mich hat Europa einen unheimlichen Reiz"

19. 7. 2004

Von Frank Lindscheid


Berlin - Morgen konstituiert sich das EU-Parlament - für Angelika Beer, neue Europa-Abgeordnete und Noch-Grünen-Chefin, markiert der Termin Abschied und Aufbruch zugleich. Seit Wochen schon pendelt sie zwischen mehreren Welten. Das wird bis Herbst so bleiben: Erst Anfang Oktober gibt sie den Parteivorsitz ab. "Manchmal wache ich auf und überlege: wo bist du eigentlich?" Nach der Europawahl begann für die Grünen-Chefin und künftige EU-Parlamentarierin das politische Leben in drei Städten: Straßburg, Brüssel, Berlin. Und zum Ausspannen geht es am Wochenende meist in die schleswig-holsteinische Heimat.

Doch der Stress macht ihr erkennbar Spaß, denn sie freut sich auf ein neues Kapitel ihrer politischen Biografie. In Europa treten die Grünen als einheitliche Kraft auf - für Beer, die die grüne Partei vor 25 Jahren mit aus der Taufe gehoben hat, markiert das eine neue Gründerzeit. "Da kommt etwas vollkommen Neues."

Eigentlich hatte sie sich schon vor knapp zwei Jahren Richtung Europa orientiert, nachdem ihr die Nord-Grünen einen aussichtsreichen Listenplatz für die Bundestagswahl verweigerten. Doch im Dezember 2002 standen die Grünen plötzlich ohne Führung da, nachdem die Parteichefs Roth und Kuhn hinschmissen. Der Parteitag von Hannover hatte eine Lockerung der Trennung von Amt und Mandat verweigert. Nach erfolgloser Kandidatensuche sprang Beer in die Bresche. "Wenn Not an der Frau ist, kann ich nicht wegsehen." In der Presse galt sie als Vorsitzende zweiter Wahl. Immer wieder mäkelten Grüne aus einigen Landesverbänden, die Parteichefin schneide im Direktvergleich mit Reinhard Bütikofer blass ab. Doch die Norddeutsche reagiert gelassen auf die Kritik. Sie hat sich nie Illusionen gemacht, weil die undogmatische frühere Verteidigungsexpertin weder auf dem Realoflügel viele Unterstützer hat noch unter den Parteilinken, die ihr die Verteidigung des Kosovo-Krieges verübelt haben. Ohne Bütikofer und seinen Zugriff auf den Parteiapparat hätte sie den Job "nie gemacht", betont sie. Bereut hat sie aber die spontane Entscheidung nie. Als Team habe man harmoniert.

Die Bilanz des ungleichen Tandems kann sich sehen lassen, auch wenn die Parteichefin über den Zuwanderungskompromiss nicht glücklich ist. Die Krise nach dem Abgang von Kuhn und Roth wurde gemeistert, Bütikofer ist heute unumstritten als Stratege der Partei. Man sieht sich als einen Stabilitätsanker im Regierungsbündnis, im Osten haben die Grünen wieder Zulauf und bei den letzten Wahlen durfte man sich über glänzende Ergebnisse freuen. Die Grünen sind nicht in den Abwärtssog der SPD geraten.

Wenn sie sich im Herbst beim Parteitag in Kiel von dem Amt verabschiedet, schwingt auch Wehmut mit, räumt Beer ein. Aber es zählt der Blick nach vorn. "Ich habe immer Bundespolitik gemacht - für mich hat Europa einen unheimlichen Reiz." Vor allem die Aussicht, von Brüssel aus einen gewissen Druck auf die nationalen Regierungen ausüben zu können.

Die Gründung der europäischen Grünen, für die sie sich intensiv engagiert hat, empfindet sie als "faszinierenden Prozess". Die Erfolge sprechen für sich: Selbst auf Malta errang ein Grüner elf Prozent. "Grüne Politik sprengt die Grenzen", freut sich die Ur-Grüne. Und das Europawahl-Ergebnis beflügelt. Die deutschen Grünen stellen 13 Abgeordnete in der Straßburger Fraktion unter dem Vorsitz von Daniel Cohn-Bendit. Die "Wilde 13" gibt sich selbstbewusst. Ganz oben auf der Agenda steht ein europaweites Referendum über die Verfassung. Die Abgeordnete Beer will sich wieder auf Sicherheits- und Verteidigungspolitik stürzen. Im Blick hat sie besonders den Kampf gegen den Terrorismus und eine europäische Außenpolitik, die angloamerikanische Alleingänge verhindert. Künftig will sie sich auch wieder stärker für eine Ächtung der Landminen engagieren und für die Ausweitung der deutschen Rüstungsexportrichtlinien auf die EU. Auch die Ostseekooperation nennt sie als Schwerpunkt.

Damit die Verschränkung mit der Bundespolitik klappt, richtet sie ihr Regionalbüro an der Spree ein. Über Parteigrenzen hinweg will sich die 46-Jährige auch für die Interessen des Nordens einsetzen. "Da ziehen alle Abgeordneten aus Schleswig-Holstein an einem Strang."

Kieler Nachrichten vom 19. 7. 2004

 

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Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
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