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Angelika Beer
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Interview: "Ich bin kein Flügelmensch"

29. 9. 2004

Berlin (AP) Die Grünen-Parteivorsitzende Angelika Beer stellt sich beim Grünen-Parteitag am Wochenende in Kiel nicht wieder zur Wahl. Die Europaabgeordnete sagt von sich: "Ich bin kein Flügelmensch". Im Folgenden das Interview im Wortlaut:

Frage: Nach zwei Jahren im Amt: Mit welchem Gefühl scheiden Sie als Bundesvorsitzende?

Beer: Ich habe in dieser Zeit wahnsinnig viel gelernt. Jetzt will ich auf europäischer Ebene meine Kraft und meine Erfahrung da einsetzen, wo Probleme z.B. in der Außen- und Sicherheitspolitik nicht mehr allein auf nationaler Ebene gelöst werden können.

Frage: Was hat Sie bewogen, nicht noch einmal zu kandidieren?

Beer: Für mich war seit meinem Ausscheiden aus dem Bundestag klar, dass ich nach Europa will, zurück in die parlamentarische Arbeit. Ich wollte als Beisitzerin für den Bundesvorstand kandidieren, um nach zwölf Jahren Verteidigungspolitik und harten Auseinandersetzungen um Krieg und Frieden mein Leben neu zu sortieren. Das war mein Fahrplan.

Frage: Was waren die Höhe- und Tiefpunkte ihrer Amtszeit?

Beer: Highlights gibt es unendlich viele, z.B. die regelmäßigen Besuche der östlichen Landesverbände. Ich war bis dahin so ein richtiger Wessi, muss ich selbstkritisch sagen. Das bitterste sind Kompromisse, die ich letzlich auch mit zu verantworten hatte, insbesondere bei der Zuwanderung. Ich habe mich als einzige enthalten, um wenigstens ein Zeichen zu setzen.

Frage: Claudia Roth kandidiert am Wochenende erneut als Vorsitzende. Wie unterscheidet sich Ihr Führungsstil von dem von Roth?

Beer: Wir sind zwei ganz unterschiedliche Persönlichkeiten. Sie lacht, sie weint, sie herzt, sie umarmt: das ist nicht mein Stil. Ich bin in einer Situation eingesprungen, wo buchstäblich auf weitem Feld niemand bereit war, Verantwortung zu übernehmen. Ich freue mich, dass Claudia das Amt wieder übernimmt.
Mein Handicap - deshalb habe ich auch mit der Kandidatur bis zuletzt gezögert - war: ich bin kein Flügelmensch, sondern sitze zwischen allen Stühlen. Seitdem meine Position zur Intervention im ehemaligen Jugoslawien Mehrheitsposition der Partei ist, kann ich nicht mehr auf die Unterstützung der Linken setzen. Es ist gut für die Partei, dass die Linke sich mit Claudia wieder an der Spitze vertreten fühlt.

Frage: Es wurde bisweilen kritisiert, dass sie hinter ihrem Kollegen Reinhard Bütikofer verblasst sind. Haben Sie als Duo harmoniert?


Beer: Wir haben harmoniert, weil die Arbeitsteilung von vornherein klar war. Ich hatte zur Voraussetzung meiner Kandidatur gemacht, dass jemand im Bundesvorstand bleibt, der die Parteistrukturen kennt. Reinhard war der einzige, der vier Jahre Erfahrung als politischer Geschäftsführer in der Parteizentrale mitbrachte. Ich wäre nicht in eine Spitze gegangen, die vollständig neu ist.

Frage: Was waren ihre ersten prägenden Erfahrungen im Europaparlament?

Beer: Drei Schwerpunkte betreffen mich als Außenpolitikerin: das ist der Streit für die Verfassung, das ist die spannende Diskussion um den Beginn der Verhandlungen mit der Türkei. Hier findet ein so atemberaubender Reformprozess statt, der nur durch die Aufnahme der Verhandlungen über einen Beitritt vorangetrieben werden kann. Das dritte ist die Verhinderung einer militärischen Eskalation im Zusammenhang mit Irans Atomprogramm. Als Präsidentin der Iran-Delegation des Europaparlaments werde ich mich für die Verbesserung der Menschenrechte und der Demokratie engagieren. Die schönste Erfahrung ist: Wer im Europaparlament gute Ideen hat, kann dafür streiten und kann Mehrheiten gewinnen. Es herrscht nicht der Parteienzwist, in dem bei uns in Deutschland gute Ideen einfach untergehen.

Frage: Sind Sie erleichtert, aus dem Berliner Rampenlicht zu treten?

Beer: Ganz und gar nicht. Aber ich bin leidenschaftliche Parlamentarierin. Da fühle ich mich wie ein Fisch im Wasser.

Welchen Rat würden Sie Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg geben?

Beer: Brauche ich gar nicht. Die Erfahrung, dass die Partei an einem Strang zieht, ist eine stabile Ausgangsbasis. Deswegen sehe ich als Schleswig-Holsteinerin unser Partei nicht nur im Norden, sondern auch in NRW und für die Bundestagswahl 2006 richtig aufgestellt.

Die Fragen stellte AP-Korrespondentin Claudia Kemmer.

 

© 2004 - Angelika Beer, MdEP.
Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
www.angelika-beer.de

 

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