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Angelika Beer
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Srebrenica gedenken ¬ñ Dayton überwinden ¬ñ eine Europäische Perspektive entwicklen

Srebrenica, am 10./11.07.2005

Srebrenica gedenken
Am 10. Jahrestag des Massakers von Srebrenica waren mehrere 10.000 Menschen vor Ort präsent. Trauriger Höhepunkt war die Beerdigung von über 600 Opfern, die in den letzten Monaten identifiziert worden waren. Neben den Angehörigen der Opfer waren viele internationale Gäste geladen, darunter der serbische Präsident Tadic, der britische Außenminister Straw, Weltbankchef Wolfowitz, ein UN-Vertreter sowie amerikanische und niederländische Repräsentanten. Zentrales Element der Reden war das deutliche Eingeständnis des Scheiterns durch die internationale Gemeinschaft und insbesondere die UN. Alle prominenten Redner verliehen ihrer Forderung nach sofortiger Ergreifung der beiden Hauptschuldigen, Karadzic und Mladic, Ausdruck. Die Fraktion der Grünen/EFA war mit 12 Abgeordneten präsent, darunter die beiden Vorsitzenden Dany Cohn-Bendit und Monica Frassoni, um ihr dauerhaftes Engagement für das Land und die Region zu unterstreichen.

Lehren aus Srebrenica
Zuvor hatte die EP-Fraktion der Grünen gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung eine Konferenz in Sarajevo anlässlich des 10. Jahrestages des Massakers veranstaltet. Srebrenica ist nach wie vor eine offene Wunde in Europas Geschichte. Zu viele Fragen sind noch ungeklärt - Versöhnung in weiter Ferne.

Das erste Panel der von der Böll-Stitung in Zusammenarbeit mit der Fraktion der Grünen/EFA im Europäischen Parlament organisierten Konferenz, an der leider keine Vertreterin der Serben beteiligt war, widmete sich den "Lehren aus Srebrenica". Es wurde schnell klar, dass insbesondere die bosnischen Vertreter die internationale Gemeinschaft in der Verantwortung sehen. Vor allem der UN wurde vorgeworfen, sie hätte unzählige Resolutionen und Gutachten bereits seit 1992 verabschiedet, in denen von "Genozid" in Bosnien die Rede war. Nur wurden daraus nicht die richtigen Konsequenzen gezogen. Auch nicht nachdem Verantwortliche der UN vor Ort zurück traten. Weiterhin reagierte die Internationale Gemeinschaft auf die Ereignisse in Bosnien eher wie auf eine Naturkatastrophe . Marijana Grandits vom Verona-Forum lenkte die Debatte auf die Aufgaben, die sich heute vor Ort stellen: "Wahrheit und Bewältigung gehören zusammen". Dringend nötig sei eine Wahrheitskommission nach dem Vorbild Südafrikas, welche erst einmal die "Fakten" aufarbeite. Mit einem Vorgehen nach dem Prinzip "Tabula Rasa" könne man das Land nicht wieder aufbauen.


Dayton überwinden
Das zweite Panel der Konferenz wagte den Blick in die Zukunft. So unterstrich Angelika Beer, dass es momentan ein "No Man's Land" zwischen Dayton und Europa gebe, welches den Fortschritt hindere und das durch eine politische Perspektive ausgefüllt und Richtung Europa führen müsse. Die Diskussion zur Überwindung Daytons müsse jetzt, kurz vor dem 10. Jahrestag des Daytonvertrages im November 2005, im Vordergrund stehen. Alle Redner waren sich in der Analyse einig, dass der Friedensvertrag Dayton ein ernsthaftes Hemmnis für Bosnien-Herzegowinas Weg in die EU sei: Die gültige Verfassung sei mit einer EU Mitgliedschaft unvereinbar. Dayton versehe den Gesamtstaat mit schwachen Strukturen und seine Entitäten mit aufgeblasenen Bürokratien. Die von den Kriegstreibern verfolgte ethnische Trennung würde durch den Vertrag von Dayton manifestiert und bis heute institutionalisiert. Bei der Diskussion über Wege aus dem Dilemma gab es kontroverse Standpunkte. Dany Cohn-Bendit sprach sich für eine internationale Konferenz aus, die die ganze Region behandeln solle - insbesondere die Statusfrage in Kosovo sowie die Überwindung der Dayton-Verfassung in Bosnien. Hier entgegneten bosnische Vertreter mit harscher Kritik, dass beide Länder nicht in einem Rahmen verhandelbar seien, weil sie sich so sehr unterscheiden. Cohn-Bendits Argument war, dass man somit insbesondere den serbischen Vertretern klar machen könnte, dass sie für die Aufgabe des Kosovos nicht die Republik Srpska als Geisel nehmen können. Fakt sei, dass die vor 10 Jahren von allen akzeptierte Bedingung für den Abschluß von Dayton, Kosovo nicht zu thematisieren, die Grundlage für die späteren Konflikte im Kosovo erst geschaffen hat.


Europa in der Verantwortung
Die EU wird für Bosnien-Herzegowina immer mehr zum zentralen Partner. Nachdem die EU im Dezember 2004 die Europäische Union mit der EUFOR Mission "ALTHEA" bereits von der NATO das Mandat für die Sicherheit in Bosnien-Herzegowina übernommen hat, ist sie im Land allgegenwärtig. Auch durch die Polizeimission EUPOL unterstützt sie die Reformen im Polizeisektor. Deutschland ist mit 1100 SoldatInnen größter Truppensteller für EUFOR in Bosnien.

Um sich ein Bild von der Lage, den Fortschritten und Problemen des Einsatzes zu machen, besuchte Angelika Beer in ihrer Funktion als Mitglied des Verteidigungsausschusses des Europäischen Parlamentes das deutsche Kontingent in Rajlovac nahe Sarajewo. Trotz begrenzter Fortschritte gaben sich die Soldatinnen und Soldaten zuversichtlich hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufgaben. Zentrale Aufgaben ist u.a. durch Präsenz Gewaltbereite abzuschrecken und ein umfassendes Bild der Lage zu erstellen. In mühsamer Kleinarbeit werden darüber hinaus Minen geräumt, Waffen eingesammelt und örtliche Sicherheitskräfte begleitet. Nach jahrelanger Diskussion wurde in Rajlovac eines der modernsten Krankenhäuser der Region aufgebaut, welches nicht nur Soldateninnen und Soldaten zur Vefügung steht. Um laut Kommandeur Loewe "als Temperaturmesser" effektiv Informationen beschaffen zu können, wird das neue LOT-Konzept entwickelt. Dies sieht vor, dass kleine Gruppen von Soldatinnen und Soldaten über das ganze Land verteilt in den Dörfern leben, um mit den Menschen in direktem Kontakt zu stehen, Vertrauen zu schaffen und frühzeitig auftretende Spannungen zwischen den Ethnien zu erkennen.

Offen bleibt, wann Bosnien genügend Fortschritte gemacht hat, um mit der EU durch ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen (SAA) auch wirtschaftlicher enger zusammen arbeiten zu können. Voraussetzung hierfür ist die aktive Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof und die Umsetzung der derzeit blockierten Polizeireform. Die letzten Berichte der Europäischen Kommission Beschreiben in erster Linie eine lange Liste von seit bis zu 10 Jahren ausstehenden Reformen.

 

© 2004 - Angelika Beer, MdEP.
Dieser Text ist Teil des Internetauftritts von Angelika Beer, MdEP.
www.angelika-beer.de

 

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Zu diesem Artikel

Alexander-Langer-Stiftung
» www.alexanderlanger.org/

Heinrich-Böll-Stiftung
» www.boell.de

14.09.2005: Öffentliche Anhörung "10 Jahre Dayton" in Brüssel
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